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Das Erdbeben von 1356
© by altbasel.ch

Das 14. Jahrhundert brachte Basel einige der schrecklichsten Ereignisse seiner Geschichte. Nach der Verfolgung der Juden und der Heimsuchung durch die Pest kam 1356 eine Katastrophe über die rund 7000 Einwohner zählende Stadt, die ihr Gesicht für immer verändern sollte - das grosse Erdbeben von Basel.

darstellung des erdbebens von 1356 auf einem stich des 19. jahrhunderts

Freie Darstellung des Erdbebens von Basel 1356 des Muttenzer Historienmalers Karl Jauslin (1842-1904)

Erdstoss ohne Vorwarnung

Unvermittelt erschütterte am 18. Oktober 1356 gegen 18.00 Uhr ein erster Erdstoss die Stadt, stark genug im die Bevölkerung Basels in Aufregung zu versetzen. Kleinere Stösse folgten. Die Bewohner der Stadt flohen gemäss dem zeitgenössischen Chronisten Heinrich von Diessenhofen (1300-1376) auf die Felder ausserhalb der Stadtmauer. Die so plötzlich verlassenen privaten und gewerblichen Feuerstellen wurden zum Ursprung für einen weiteren Faktor der Katastrophe.

Herrenlose Feuerstellen sowie Kerzen und Öllampen dürften in Häusern die schwankten oder gar zusammenbrachen gleich mehrfach über die ganze Stadt zu Bränden geführt haben. Ein besonders heftiger Brand sei nahe des St.Alban-Klosters ausgebrochen. Er suchte das ganze Quartier heim. Auch im Stadtkern brannten die schindelgedeckten Häuser. Die Vorstädte, St.Alban ausgenommen, scheinen jedoch vom Brand weitgehend verschont geblieben zu sein.

Vermutlich eilten einige der Geflohenen beim Anblick der Flammen zurück in die Stadt um persönliches Besitztum zu retten. Gegen 22.00 Uhr soll der erste einer Reihe gewaltiger Erdstösse erfolgt sein, die grosse Zerstörung mit sich brachten. Mit dem ersten Stoss soll die Glocke der Predigerkirche von selbst angefangen haben zu läuten. Jene Menschen die sich nun noch in der Stadt aufhielten versuchten wiederum zu fliehen, doch für einige gab es kein Entkommen.

Ritter Werner von Bärenfels war ein Bruder des Bürgermeisters Konrad von Bärenfels (ca 1305-1372). Er soll vom Fischmarkt her flüchtend unter dem Türlein zu St.Peter von einem fallenden Mauerstück erschlagen worden sein. Unter den Umgekommenen sind ferner namentlich überliefert Johannes Christiani der Domherr und Peter Münch von Münchsberg, Pfarrer zu St.Martin. Leute niederen Standes sind als Opfer nicht namentlich überliefert.

Weniger Tote als bei der Pest

Es gibt keine verlässlichen Angaben zur Zahl der Opfer. Die Rede ist von etwa 300 (Basler Zusätze zur Sächsischen Weltchronik) bis hinauf zu um die 1000, gemäss dem Chronisten Heinrich Taube von Selbach (gestorben 1364). Vorhandene Jahrzeitenbücher von Basler Kirchen nennen keine zusätzlichen Seelemessen, wie sie bei vielen Todesopfern zwingend vorhanden sein müssten. Die Bücher liefern kein Indiz für eine gestiegene Todesrate nach dem Datum des Erdbebens.

Der Historiker Werner Meyer (geboren 1937) geht von einer Anzahl von maximal um die 100 Toten aus. Also ganz erheblich weniger als bei der Pestepidemie 1349. Die Flucht der Bevölkerung nach den ersten Erdstössen hat wohl die Opferzahl bei den späteren Erdstössen und dem Brand niedrig gehalten. Die Erdstösse dieses bis heute grössten Bebens in Mitteleuropa wiederholten sich noch bis etwa 24.00 Uhr. Auch das Münster blieb nicht verschont. Sein Chor stürzte ein.

der lohnhofeckturm und die spuren des bebens in seinem mauerwerk

Der Lohnhofeckturm am Kohlenberg (links) stürzte beim Erdbeben teilweise ein und musste neu aufgebaut werden. Im Inneren (rechts) kann man noch heute altes Mauerwerk des 11. Jahrhunderts erkennen, auf welches neues vom Wiederaufbau nach 1356 (blau markiert) aufgemauert wurde.

Ebenso nahmen andere Kirchen und die Klöster Basels Schaden, wobei aber totale Zerstörung selten war. Nicht nur der Brand verheerte sie. Der durch Trümmer gestaute Birsig brachte Überschwemmungen, die etwa das Kloster Maria Magdalena in den Steinen zusätzlich schwer schädigten. Acht Tage dauerte es bis das Feuer verlöschte. Während des weiteren Jahres erschütterten immer wieder leichtere Beben die Region. Am 28. Dezember zerstörte eines diverse überlebende Bauten.

Noch am Bodensee zu spüren

Heinrich von Diessenhofen weilte am 18. Oktober in Konstanz am Bodensee, wo er das Beben deutlich spürte. Ihm verdankt die Nachwelt Informationen zum zeitlichen Ablauf der Katastrophe. Am Nachmittag spürte er zwischen Mittagessen und Vesper den ersten Erdstoss. Diesem folgten bis zur Vesper zwei schwächere. Dann erfolgten während des Vesperläutens vier stärkere Stösse. Bis Mitternacht sollte die Erde noch sechsmal beben, wobei der erste Stoss der heftigste war.

Am folgenden Tag spürte der Chronist direkt nach der Mittagszeit und zur Vesperzeit zwei Nachbeben. Von den Schäden in Basel berichtet ein um 1388 niedergeschriebener Abschnitt der "Kleineren Basler Annalen". Die Rede ist von den Häusern die unter der Wucht der Erdstösse zerstört wurden. Die vielfach vorgekargten oberen Geschosse der Häuserreihen seien in den schalen Gassen gegeneinander gestürzt, die Erdgeschosse wären dabei aber stehen geblieben.

Im Roten Buch wird hervorgehoben dass vor allem Steinhäuser zerstört wurden. Es könnte ein Indiz für die Vorteile der flexibleren Fachwerkhäuser bei dieser Katastrophe sein. Gegen den Brand waren letztere aber nicht gefeit. Die Basler konnten nach dem Beben nicht in die Stadt zurück. Vor Basels Mauern lagen Felder und Obstgärten mit kleinen Oekonomiebauten, die manchen Geflohenen Obdach boten. Auf dem Petersplatz entstand eine Hüttensiedlung. Viele hausten im Zelten.

Von Umgang mit der Katastrophe erzählt auch die um 1425 entstandene Berner Chronik des Conrad Justinger (gestorben 1438). Dort wird berichtet dass Strassburg, Colmar, Mülhausen, Schlettstadt, Neuenburg, Rheinfelden und Freiburg im Breisgau Hilfe geschickte hätten. Mannschaften aus diesen Städten sollen den Baslern geholfen haben ihre Gassen zu räumen. Allerdings gibt es für diese Hilfe keine zeitgenössischen Belege, was sie jedoch nicht ausschliesst.

Im Mai 1357 sollte ein weiteres starkes Beben Basel heimsuchen. Man geht heute davon aus, dass das Beben von 1356 eine maximale Stärke zwischen 9 und 10 auf der MSK-Skala hatte, was einem Wert von 6,5 auf der Richterskala gleichkäme. Der Ursprung des Bebens ist vermutlich in einer seismisch aktiven Bruchzone zu suchen. Man vermutete dass sich diese auf ca acht Kilometern vom Blauen entlang dem Birstal via Reinach von Süden her der Stadt Basel nähert.

spuren des erdbebens am muenster und an der theodorskirche

Das Basler Münster (links) litt sehr beim Erdbeben. Blau markiert ist der Platz wo sich einer der Chorflankentürme erhob, die nach dem Beben nicht wieder aufgebaut wurden. An der Theodorskirche (rechts) kündet sichtbar ein Turmstummel vom grossen Erdbeben.

Schäden an Burgen in der Region

Viele Burgen in der Region nahmen erheblich Schaden. Der Historiker Werner Meyer zählt 48 Burgen die der Katastrophe nachweislich zum Opfer fielen. Einige Adelssitze konnten nie mehr bewohnt werden. Der Fels auf dem ob Aesch die Burg Bärenfels (damals noch "Dry Esche" genannt) stand, splitterte senkrecht. Dabei stürzte ein Teil der Burg in die Tiefe. Eine Frau Fricker, ihr neugeborenes Kind und eine Magd sollen dies auf wundersame Weise überlebt haben.

Bischof Johannes Senn (ca 1308-1365) eilte am Tag nach dem Beben von Delsberg in seine notleidenden Stadt. Der Weg führte ihn auf die zerstörten Burg Pfeffingen. Dort habe er nach der jüngsten Tochter Anna der Gräfin von Thierstein suchen lassen. Da er das Mädchen selbst getauft habe, sei es ihm besonders am Herzen gelegen gewesen. Das Kleinkind sei weinend in seiner Wiege gefunden worden. Zwei grosse Trümmerstücke hätten es gleichsam eingeklemmt und beschützt.

Im Jahr nach dem Erdbeben hielt man im neu angelegten Roten Buch des Basler Rates die Katastrophe fest:

"Man soll wissen, dass diese Stadt von dem Erdbeben zerstört und zerbrochen ward und blieb keine Kirche, Turm noch steinen Haus, weder in der Stadt noch in den Vorstädten, ganz... Auch fiel der Burggraben an vielen Stellen ein. Und fieng das Erdbeben an... an Sankt Lukas Tag des Evangelisten ... Und währte das Jahr hindurch, und kam bisweilen gross und bisweilen klein, und desselben Dienstags, als es anfieng, da ging Feuer in der Nacht, und währte das wohl acht Tage, dass ihm zu widerstehen vor dem Erdbeben niemand sich getraute noch mochte, und es verbrannte die Stadt innert der Ringmauer beinahe völlig."




Beitrag erstellt 24.10.06 / Design nachgeführt 17.10.22

Quellen:

Gerhard Fouquet, "Das Erdbeben in Basel 1356 - für eine Kulturgeschichte der Katastrophen", publiziert in der Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, 103. Band, Verlag der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft, Basel, 2003,, Seiten 31 bis 49

Emil Major, Bauten und Bilder aus Basels Kulturgeschichte, Verlag Peter Heman Basel, Basel, 1986, Seite 53

Fritz Meier, Basler Heimatgeschichte, 5.Auflage, Lehrmittelverlag des Kantons Basel-Stadt, Basel, 1974, Seiten 90 bis 95

Werner Meyer, Da verfiele Basel überall, 184. Neujahrsblatt der GGG, Schwabe Verlag Basel, Basel, 2006, ISBN 3-7965-2196-7/ISSN 1423-4017

Rudolf Suter, Basel und das Erdbeben von 1356, Buchdruckerei zum Basler Berichthaus AG, Basel, 1956 (nur sekundär genutzt)

Wilhelm Wackernagel, Beitrag "Das Erdbeben von 1356 in den Nachrichten der Zeit und der Folgezeit bis auf Christian Wurstisen", publiziert in Basel im vierzehnten Jahrhundert, herausgegeben von der Basler Historischen Gesellschaft, H. Georg's Verlag, Basel, 1856, Seiten 211 bis 250

René Teuteberg, Basler Geschichte, 2. Auflage, Christoph Merian Verlag, Basel, 1988, ISBN 3-856-16-034-5, Seiten 150 bis 153

engel

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