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Der St.Alban-Schwibbogen
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Rittergasse / St.Alban-Grabenlageplan rebhausbrunnen


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Der Stadteingang des Hochmittelalters

Der eigentliche Stadtbereich Grossbasels lag im 13. Jahrhundert innerhalb der damaligen Stadtmauer, deren Verlauf sich heute noch an Strassennamen nachvollziehen lässt. So weisen der St.Alban-Graben, der Leonhardsgraben und der Petersgraben darauf hin, wo sich damals der Stadtgraben vor der Mauer befand. Die Stadtmauer jener Tage folgte in weiten Teilen einer älteren Mauer die ihrerseits zu Zeiten des Bischofs Burkart von Fenis (ca 1040-1107) im späten 11. Jahrhundert erbaut worden war.

Mehrere Tore bildeten in dieser Mauer die Eingänge zur Stadt. Eines davon war das Kunos Tor an der Rittergasse. Namentlich erwähnt wird es erstmals in einer Verkaufsurkunde vom November 1254, wo der Standort der zu veräussernden Liegenschaft angegeben wird mit "...sitam in vico sancti Uolrici prope Chuontor..." (...gelegen und der Ulrichsgasse nahe dem Chuontor...).
[1] Der Ursprung des Namens liegt im Dunkeln. Es gibt dazu eine Legende die von einem Müller namens Kuno berichtet.

Der Lokalhistoriker Daniel Albert Fechter (1805-1876) griff 1856 die Legende in seinem Werk zu Basel im 14. Jahrhundert auf. Ein Müller mit Namen Cuno sei zum Tode durch den Strang verurteilt geworden. Er habe sich aber durch den Bau des Stadttores vom Strick freikaufen können. Anlass zu dieser Legende habe laut Fechter ein auf der Aussenseite des Tores angebrachtes Bildnis gegeben haben.
[2] Dabei handelte es sich um ein steinernes Relief welches über dem Torbogen in die Mauer eingelassen war.

Die Darstellung zeigte einen stehenden Mann der eine mittelalterliche Tunika mit Gürtel trug. In seiner rechten Hand hielt er vor dem Bauch einen Dolch, während er sich mit der Linken an den Hals griff. Zu seinen Füssen lag ein kauernder Löwe. Der Mann mit der Hand an seinem Hals könnte Anlass zur Überlieferung des vom Galgen bedrohten Müllers gewesen sein. Kunsthistoriker Hans Reinhardt (1902-1984) vermutete dass das Relief im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts entstanden ist.
[3]

Ob Relief und Legende mit dem Stadttor zusammenhängen ist zweifelhaft. Kunsthistoriker Rudolf Riggenbach (1882-1961) vermutete dass die Skulptur aus rotem Sandstein früher zu einem anderen architektonischen Werks gehörte. Männergestalt wie Löwe waren wohl einst durch einen behauenen Rundbogen verbunden. Anzunehmen ist eine Zweitverwendung des Reliefs als Torschmuck. Der ursprüngliche Zweck der Darstellung war gewiss ein anderer. Denkbar wäre etwa eine Funktion als Grabmal.
[4]

Schon Fechter zweifelte an der bereits 1577 kursierenden Legende des Müllers Cuno. Er betrachtete es als wahrscheinlicher, dass der Name von einem Cuno herrühre, "welcher in den ältesten Zeiten dieses Thor als Lehen bewohnte".
[5] An der Fassade der Liegenschaft Rittergasse 33 erinnert neben der Haustür bis heute der aufgemalte Hausname "By dem Kunos Thor" an die uralte Bezeichnung des längst verschwundenen Tores. Klarer als die Ursprünge des Namens sind die Anfänge des Wehrbaus.

der st.alban-schwibbogen auf einem plan von 1640

Am Ende der Rittergasse, direkt am St.Alban-Graben, ist auf dieser Darstellung um 1640 der St.Alban-Schwibbogen zu sehen. Vor dem Torturm lässt eine feste Brücke erkennen, dass seit dem Bau der äusseren Stadtmauer das ehemalige Kunos Tor hier keine Sperrfunktion mehr hat.

Vom schlichten Stadteingang zum Kunos Tor

Die spätmittelalterliche Mauer folgte an dieser Stelle der eingangs erwähnten älteren Stadtmauer des 11. Jahrhunderts. Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Erkenntnisse kamen Archäologen im Jahr 1994 zum Schluss, dass diese Vorgängermauer an diesem Platz zirka einen Meter dick war. Vor ihr verlief ein zwischen zweieinhalb und drei Meter tiefer Graben. Auf der Höhe des späteren Kunostors überbrückte ein stehengelassener Erddamm diesen Graben der zu einem frühen Stadteingang führte.
[6]

Den eigentlichen Durchgang am Ort des Kunos Tors bildete nach Ansicht der Fachleute bis eine entschieden schlichtere Toranlage. Eventuell bestand diese lediglich aus einen simplen Eingang in der Mauer, der mit zwei Torflügeln geschlossen werden konnte. Er wurde frühestens im späten 12. Jahrhundert, sicherlich aber vor 1254, durch das Kunos Tor ersetzt.
[7] Es handelte sich bei diesem um einen mehrgeschossigen Turm mit Tordurchfahrt, zu dem neu eine Brücke anstelle des Erddamms führte.

Wie das Tor wurde auch die Stadtmauer ausgebaut und der zugehörige Graben vertieft. Etwa 3,8 Meter vor der alten Mauer entstand eine neue. Die Mauer des 11. Jahrhunderts zog sich nun hinter der neuen Mauer hin und hatte ihre Funktion verloren. Interessant ist dass der neue Torturm sich offenbar noch an der alten Mauer orientierte und direkt hinter deren Flucht erbaut worden war.
[8] Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass der Turm noch entstand bevor die neue Mauer errichtet wurde.

Damit würde sich die strategisch kuriose Position dieses neuen Tores, fast vier Meter hinter der neuen Mauerflucht erklären. Vielleicht bestimmten auch bewusste Überlegungen oder Sachzwänge die Stelle an welcher der Torturm entstand. Mit dem Spalenschwibbogen wies ein weiteres Tor dieser Stadtmauer diese sonderbar zurückversetzte Position auf. Hinter dieser Platzierung der Tortürme könnten also auch ein noch unerkanntes System oder eine Notwendigkeit, und nicht bloss ein Altersunterschied stehen.

Das Stadttor wird zum Gefängnis

Vor dem Kunos Tor entwickelte sich entlang der Zufahrtsstrasse, mit Schwerpunkt um das Kloster St.Alban, die St.Alban-Vorstadt. Laut Fachleuten war diese Siedlung spätestens ab dem letzten Viertel des 13. Jahrhunderts mit einer eigenen Befestigung geschützt. Eine mit Schalentürmen, und Wehrgraben versehene Mauer umgab die herangewachsene Vorstadt.
[9] Bis heute zeugt der Hausname "zum Brigitta-Thor" an der St.Alban-Vorstadt 58 vom ehemaligen sogenannten Vridentor in der Vorstadtmauer.

Die Vorstadtbefestigung bildete quasi eine vorgeschobene Bastion die das Kunos Tor in seiner Wehrfunktion entlastete. Nach dem verheerenden Erdbeben von 1356 beschloss die Stadt den Bau eines neuen Mauerrings der sowohl Stadtkern wie auch Vorstädte des heutigen Grossbasel umfassen sollte. Diese Stadtmauer wurde zwischen 1361 und 1398 erstellt und beraubte die Tore der Stadtmauer des 13. Jahrhunderts ihrer ursprünglichen Funktion. Aus dem Kunos Tor wurde der St.Alban-Schwibbogen.

Im Gegensatz zu einem Tor, das einen Durchgang kontrollieren und sperren kann, spannt sich ein Schwibbogen ohne eine solche praktische Funktion offen über die Gasse. Das Stadttor wurde als solches sinnlos und stand einer neuen Nutzung offen. Das Kunos Tor wurde in der Folge als Gefängnisturm eingerichtet. Für 1449 wird die Festnahme des Juristen Johannes Gemminger (gestorben um 1471) erwähnt: "...zu Birseck in ysen gefangen; ward dornoch gon Basel gefuert uff Cuonen thrun..."
[10]

Das harte Bärenloch

In seiner Abhandlung über die Basler Stadtbefestigung zählte 1956 der Geschichtsforscher Christian Adolf Müller (1903-1974) die Gefängniseinrichtungen im Tor auf. Zwei heizbare Stuben standen für die Untersuchungsrichter zur Verfügung. Für die "harte Gefangenschaft" gab es eine Zelle die "Bärenloch" genannt wurde. Weitere Haftlokale hiessen "Vogelkäfig", "Brandstätter", "Teufels Küche" so wie "Kratzer".
[11] Im Zusammenhang mit dem Gefängnis erschien die Bezeichnung "Bärenhut".

Das Bärenloch muss ein besonders rauhes Hauftlokal gewesen sei. Der Basler Jurist Stefan Suter (geboren 1964) stellte in seiner Publikation zur Basler Rechtsgeschichte um 1648-1798 fest, dass die Haft in ungeheizten Zellen der Stadttürme im Winter herausragend hart gewesen sein muss. 1672 empfahlen städtische Rechtsberater einem rabiaten Gotteslästerer weitere Bestrafung zu erlassen. Dies weil die zweiwöchige Untersuchungshaft in strenger Kälte im Bärenloch Strafe genug gewesen sei.
[12]

Suter nennt auch ein Gutachten aus dem Jahr 1680 zum Fall eines Müllersknechtes, der seine Stiefmutter mit ungebührlichen Worten bedacht habe. Hier sei das Bärenloch im Sinne einer Vorstufe der Folter aufgetreten. Man habe den Gefangenen zur Erwirkung eines Geständnisses in das Bärenloch gesperrt. Ein vergleichbarer Fall ist auch aus dem Jahr 1699 bekannt. Suter kam zum Schluss, dass das anstelle von Folter eingesetzte Bärenloch eine sehr harte Marter gewesen sein muss.
[13]

Von dramatischen Schicksalen auf der Bärenhut zeugt der Fall einer Frau aus Rothenfluh, die insgesamt elf Wochen im Turm in Haft sass. Erst nach mehrfacher Folter, bei der sie unter anderem mit angehängten schweren Gewichten aufgezogen wurde, legte sie das erwünschte Geständnis ab. Am 20. Mai 1758 wurde sie als verurteilte Diebin hingerichtet. [14] Wegen Diebstahls sass 1693 auch eine Frau aus dem Bernischen Diessbach auf der Bärenhut. Sie war zuvor im Spalenturm gefoltert worden.

Die Folter im Spalenschwibbogen (ein anderes Tor das zum Gefängnisturm geworden war) hatte der Frau kein Geständnis entrungen. Offenbar um ihren Willen zu brechen, wurde sie auf die rauhe Bärenhut verlegt. Bevor ein Geistlicher der Geschundenen ein Geständnis entlocken konnte, nahm sie sich das Leben. Ihre Leiche wurde vom Henker in einem Fass in den Rhein geworfen.
[15] Für die besondere Härte der Untersuchungshaft und des Haftlokals sprechen mehrere Selbstmorde auf der Bärenhut.

Der Schwibbogen bis im 19. Jahrhundert

Woher der Name Bärenhut / Bärenhaut stammt ist unklar. Fachleute vermuten einen möglichen Zusammenhang mit einem Turmwärterhaus. Es war neben dem Turm bis in den alten Stadtgraben hineingebaut. Mit mehreren Geschossen ragte das Haus aus dem Graben empor. Es wurde bis 1821 als Wohnung für den Wärter des Gefängnisturms genutzt. Eine Verbindung vom Wärter zum erwähnten Bärenloch wäre nicht ganz abwegig. In diesem Sinne wäre die Bärenhut der Sitz des Hüters des Bärenlochs gewesen.

Das Haus diente als Wohnung des städtischen Büchsenmeisters, bevor es zum Domizil des Turmwärters wurde. Der Büchsenmeister hatte Fertigung und Unterhalt der Geschütze (genannt Büchsen) unter sich. Auch war er mit der gefährlichen Herstellung des Schwarzpulvers betraut. Sein Sitz im Stadtgraben sorgte dafür, dass sich bei einer Explosion der Schaden für die Umgebung in Grenzen hielt. Für 1405 ist Büchsenmeister Engelbrecht Apgot von Milenstat mit Wohnsitz neben dem Kunostor belegt:

"...Ouch soellent und wellent wir in lassen bliben sitzen und sin huszwonungen haben uff unserem torne und gesaesse, so man nempt Chunenthor, da er yetzent wonhafft inne ist, ouch sinen leptagen keinen zins noch kein gelt uns davon ze gebend in dehein wise..."
[16]

Später wurde der Anbau zur Dienstwohnung für die Gefangenenwärter umfunktioniert. Im 18. Jahrhundert wuchs im Quartier der Wunsch nach einer öffentlichen Uhr. Vor allem in der St.Alban-Vorstadt setzte sich die dortige Vorstadtgesellschaft zum Hohen Dolder dafür ein. Schliesslich wurde 1746 der Gefängnisturm mit einer Uhr und drei Zifferblättern versehen. Im krönenden Mauerkranz wurden zwei geschwungene Giebel eingebaut, in denen Glocken für den Stundenschlag hingen.
[17]

Der Einbau dieser Uhr habe laut Christian Adolf Müller später das Tor wiederholt vor dem Abbruch bewahrt. Im Jahr 1808 verlangten Anwohner an der Rittergasse den Abriss des dominanten Turmes. Einige von ihnen waren sogar bereit dafür etwas zur Verlegung der Gefängnisräume beizutragen. Doch das einstige Kunos Tor war als Uhrenturm zu wichtig geworden und blieb bestehen. Als 1821 die Haftlokale in der Bärenhut aufgehoben wurden, stand immer noch der Wunsch nach einem Abbruch im Raum.

Erneut war es die weithin sichtbare Uhr die den Turm bewahrte. Hingegen verschwand das in den Stadtgraben ragende Haus des ab 1821 überflüssigen Turmwärters. Als zwischen 1786 und 1817 der Stadtgraben eingeebnet wurde, verschwand die unterste Hauspartie im Boden. Anstelle dieses Hauses entstand im Jahr 1822 ein Anbau mit zweitem Torbogen und einer Wohnung für den Ratsweibel. Auch wurde hier die Mehlwaage einquartiert, die sich zuvor in der benachbarten Dompropstei befand.

Abbruch des Schwibbogens

Noch einige Jahrzehnte trotzte der alte Turm dem nahenden Untergang. Im Jahr 1842 bemühten sich die nächsten Anwohner um seinen Abbruch. Da sie sich aber über die Höhe der jeweiligen Beteiligungen an den Kosten nicht einige wurden, blieb der Schwibbogen stehen.
[18] Erst der Bau der nahen Wettsteinbrücke besiegelte sein Schicksal. Die Errichtung der Brücke machte ein Tieferlegen der äusseren Rittergasse erforderlich. Diesem Vorhaben stand der ehemalige Gefängnisturm im Weg.

Die Firma Holzmann & Cie aus Basel bekam den Auftrag den Torkomplex abzubrechen.
[19] Der Abriss des einstigen Kunos Tors erfolgte im August des Jahres 1878. Für die Rettung des Reliefs mit dem Mann auf dem Löwen über dem Torbogen setzte sich Moritz Heyne (1837-1906), Vorsteher der Mittelalterlichen Sammlung ein. [20] Die Turmuhr ging 1879 als helfendes Geschenk an das solothurnische Metzerlen, wo ein Brand die Dorfkirche St.Remigius mit ihrem Kirchturm schwer beschädigt hatte. [21]

st.alban schwibbogen vor 1878

Bilck aus der Rittergasse auf den Schwibbogen. Man erkennt rechts neben dem Torturm den Anbau von 1822 mit dem zweiten Torbogen, der die Wohnung des Ratsweibels und die Mehlwaage beherbergte. Ganz links im Bild die 1844 von Melchior Berri umgebaute frühere Kapelle des Deutschitterordens, von dem die Rittergasse ihren Namen hat.


Quelle: St.Alban-Schwibbogen von der Rittergasse aus gesehen, vor 1878, Staatsarchiv Basel-Stadt, Signatur AL 45, 1-112

Zusammenfassung

Dort wo heute die Rittergasse auf den St.Alban-Graben trifft, stand bis 1878 ein Stadttor dessen Ursprünge in der Grossbasler Stadtmauer des späten 11. Jahrhunderts liegen. Damals liess Bischof Burkart von Fenis einen Mauerring errichten, durch den man an dieser Stelle über ein Tor die seinerzeit wesentlich kleinere Stadt betreten konnte. Der frühe Stadteingang bestand eventuell nur aus einem schlichten Flügeltor. Anstelle einer Brücke führte ein fester Erddamm über den Stadtgraben.

Das 1254 erstmals erwähnte Kunos Tor wurde als Nachfolger des frühen Stadttors erbaut. Mit einem stattlichen Turm wurde es in der ausgebauten Stadtmauer des 13. Jahrhunderts errichtet. Über den erweiterten Stadtgraben führte nunmehr eine Brücke zum neuen Tor. Der Name wird mit einem legendenhaften Müller namens Cuno in Verbindung gebracht. Dieser habe sich durch den Bau des Tors vom Tode am Galgen freigekauft. Wahrscheinlicher ist hingegen ein Torhüter oder Anwohner als Namensgeber.

Die Geschichte des Müllers wurde in Zusammenhang gebracht mit einem Steinrelief das feldseits über dem Torbogen des Kunos Tors angebracht war. Es zeigte einen Mann der auf einem Löwen stand und sich an den Hals griff. Kunsthistoriker kamen indes zur Auffassung, dass dieses Relief ursprünglich nicht zum Tor gehörte. Das Relief überlebte den Abriss des Tores; unter anderem weil sich 1878 der Vorsteher der Mittelalterlichen Sammlung, Moritz Heyne, für seine Rettung einsetzte.

Mit dem Bau des äusseren Maurrings von Grossbasel in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, verlor die innere Mauer samt ihren Toren ihre Wehrfunktion. Das Kunos Tor wurde zu einem sogenannten Schwibbogen, der nunmehr als Gefängnisturm genutzt wurde. Ein Haus neben dem Tor, das in den alten Stadtgraben hineinragte, diente spätestens ab 1405 als Behausung des städtischen Büchsenmeisters. Er war zuständig für den Unterhalt der Geschütze und stellte das wichtige Schwarzpulver her.

Im Haus des Büchsenmeisters wohnte später der Turmwärter, der die Gefangenen im Schwibbogen beaufsichtigte. Das ehemalige Stadttor wies mehrere Zellen auf. Sie trugen Namen wie "Vogelkäfig", "Brandstätter" oder "Teufels Küche". Berüchtigt war das Haftlokal "Bärenloch", welches besonders im Winter so kalt und unangenehm war, dass es anstelle der Folter genutzt wurde um Gefangene zu Geständnissen zu bewegen. Von dieser Zelle rührt wohl auch die Bezeichnung "Bärenhut" her.

Obwohl damit eventuell zu Beginn nur das Wärterhaus gemeint war, nannte man später den ganzen Gefängnisturm Bärenhut / Bärenhaut. Von harten Haftbedingungen zeugen mehrere Selbstmorde Inhaftierter. 1693 nahm sich etwa eine Frau das Leben, die man nach vergeblicher Folter hier einsperrte um sie zu einem Geständnis zu bringen. Der St.Alban-Schwibbogen bekam mit dem Einbau einer öffentlichen Uhr mit zwei Schlagglocken 1746 eine zusätzliche Bedeutung für das Quartier.

Als Uhrenturm behauptete das Bauwerk weiterhin seinen Platz nachdem die Gefängnisräume 1821 aufgehoben worden waren. Im Jahr darauf erfolgte ein Umbau, bei dem das alte Haus des Torwärters abgerbochen wurde. Stattdessen entstand ein Anbau mit einem zweiten Torbogen und einer Wohnung für den Ratsweibel. Auch die Mehlwaage, die sich zuvor in der benachbarten Dompropstei befand, wurde darin untergebracht. Der Stadtgraben vor dem Tor war zwischen 1786 und 1817 eingeebnet worden.

Der Ruf nach einer Niederlegung des Turms war bereits 1808 laut geworden. Anwohner in der Rittergasse störten sich an dem dominanten Wehrbau. War es zuvor als Gefängnis wichtig, bewahrte nach 1821 seine Bedeutung als Uhrenturm das Bauwerk vor dem Abbruch. 1842 scheiterte ein weiteres Begehren. Erst als 1878 für den Bau der Wettsteinbrücke die Rittergasse tiefergelegt werden musste, riss man den St.Alban-Schwibbogen ab. Die Turmuhr schenkte man dem Dorf Metzerlen.


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Beitrag erstellt 24.02.12 / Korrektur Quellen 11.01.17

Anmerkungen:

[1] R. Wackernagel/R. Thommen, Urkunde 277, publiziert in Urkundenbuch der Stadt Basel, Band 1, Basel, 1890, Seite 201, Zeilen 39 und 40

[2] D. A. Fechter, Abschnitt "Die Thore der alten Stadt", in "Topographie mit Berücksichtigung der Cultur- und Sittengeschichte", publiziert in Basel im vierzehnten Jahrhundert, Basel, 1856, Seite 99

[3] R. Riggenbach, Unterabschnitt "Schmuck der Mauern und Tore" in Abschnitt "Basels Befestigungen", publiziert in Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Stadt, Band 1, Basel, 1932/71, Seite 202

[4] R. Riggenbach, Unterabschnitt "Schmuck der Mauern und Tore" in Abschnitt "Basels Befestigungen", publiziert in Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Stadt, Band 1, Basel, 1932/71, Seite 202

[5] D. A. Fechter, Abschnitt "Die Thore der alten Stadt", in "Topographie mit Berücksichtigung der Cultur- und Sittengeschichte", publiziert in Basel im vierzehnten Jahrhundert, Basel, 1856, Seite 99

[6] G. Helmig / U. Schön, Unterabschnitt "VI.1 Archäologische Befunde" in Abschnitt "VI. Fazit" in Beitrag "Die Stadtbefestigung am St.Alban-Graben und am Harzgraben", publiziert im Jahresbericht 1994 der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, Basel, 1997, Seite 101 Spalte 2

[7] G. Helmig / U. Schön, Unterabschnitt "VI.1 Archäologische Befunde" in Abschnitt "VI. Fazit" in Beitrag "Die Stadtbefestigung am St.Alban-Graben und am Harzgraben", publiziert im Jahresbericht 1994 der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, Basel, 1997, Seite 102 Spalte 1

[8] G. Helmig / U. Schön, Unterabschnitt "VI.1 Archäologische Befunde" in Abschnitt "VI. Fazit" in Beitrag "Die Stadtbefestigung am St.Alban-Graben und am Harzgraben", publiziert im Jahresbericht 1994 der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, Basel, 1997, Seite 102 Spalte 1

[9] G. Helmig / U. Schön, Unterabschnitt "VI.1 Archäologische Befunde" in Abschnitt "VI. Fazit" in Beitrag "Die Stadtbefestigung am St.Alban-Graben und am Harzgraben", publiziert im Jahresbericht 1994 der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, Basel, 1997, Seite 104 Spalte 1

[10] H. von Beinheim, Abschnitt "Zwitracht zwischen den priestern und burgern", in "Chronik 1444-1451", publiziert in Basler Chroniken, Band 5, Leipzig, 1895, Seite 417, Zeilen 18 und 19

[11] C. A. Müller, Unterabschnitt "Kunos Tor oder St.Alban-Schwibbogen" in Abschnitt "1. Die innere Grossbasler Ringmauer", publiziert in Die Stadtbefestigung von Basel, Teil 2, 134. Neujahrsblatt der GGG, Basel, 1956, Seite 11

[12] S. Suter, Abschnitt "10. - Gotteslästerung", publiziert in Die strafrechtlichen Bedenckhen der Basler Stadtconsulenten (1648-1798), Basel / Zürich / Genf, 2006, Seite 122

[13] S. Suter, Unterabschnitt "5.1. - Psychische (Vor-)Folter" in Abschnitt "5 - Die Folter", publiziert in Die strafrechtlichen Bedenckhen der Basler Stadtconsulenten (1648-1798), Basel / Zürich / Genf, 2006, Seite 36

[14] J. H. Bieler, Im Schatten unserer gnädigen Herren - Aufzeichnungen eines Basler Überreiters 1720-1772, Basel, 1930, Seite 73

[15] E. A. Meier, Beitrag "Bernerin wird dem Wasser übergeben", in Abschnitt "VII - Morde und Hinrichtungen", publiziert in Freud und Leid, Band 1, Basel, 1981, Seite 179, siehe auch D. Scherer "Verzeichnuss dessen was sich seith Anno 1260 in E. Ehren Regiment und E. E. Burgerschafft dieser Lobl. Statt Basel und dero Gebieth under den Underthanen Denckwürdiges erhebt und zugetragen hat" (UB AG II 2)

[16] R. Wackernagel, Urkunde 344, publiziert in Urkundenbuch der Stadt Basel, Band 5, Basel, 1900, Seite 357, Zeilen 35 bis 39

[17] C. A. Müller, Unterabschnitt "Kunos Tor oder St.Alban-Schwibbogen" in Abschnitt "1. Die innere Grossbasler Ringmauer", publiziert in Die Stadtbefestigung von Basel, Teil 2, 134. Neujahrsblatt der GGG, Basel, 1956, Seite 11

[18] C. A. Müller, Unterabschnitt "Kunos Tor oder St.Alban-Schwibbogen" in Abschnitt "1. Die innere Grossbasler Ringmauer", publiziert in Die Stadtbefestigung von Basel, Teil 2, 134. Neujahrsblatt der GGG, Basel, 1956, Seite 12

[19] G. Helmig / U. Schön, Unterabschnitt Anmerkung 67 in Beitrag "Die Stadtbefestigung am St.Alban-Graben und am Harzgraben", publiziert im Jahresbericht 1994 der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, Basel, 1997, Seite 109 Spalte 2

[20] G. Helmig / U. Schön, Unterabschnitt Anmerkung 71 in Beitrag "Die Stadtbefestigung am St.Alban-Graben und am Harzgraben", publiziert im Jahresbericht 1994 der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, Basel, 1997, Seite 110 Spalte 1

[21] C. A. Müller, Unterabschnitt "Kunos Tor oder St.Alban-Schwibbogen" in Abschnitt "1. Die innere Grossbasler Ringmauer", publiziert in Die Stadtbefestigung von Basel, Teil 2, 134. Neujahrsblatt der GGG, Basel, 1956, Seite 12


Quellen:

Heinrich von Beinheim, "Chronik 1444-1451", publiziert in Basler Chroniken, Band 5, herausgegeben durch die Historische und Antiquarische Gesellschaft Basel, Verlag von S.Hirzel, Leipzig, 1895, Seite 417, Zeilen 18 und 19

Johann Heinrich Bieler, Im Schatten unserer gnädigen Herren - Aufzeichnungen eines Basler Überreiters 1720-1772, herausgegeben von Paul Koelner, Benno Schwabe & Co, Basel, 1930, Seite 73

Daniel Albert Fechter, "Topographie mit Berücksichtigung der Cultur- und Sittengeschichte", publiziert in Basel im vierzehnten Jahrhundert, herausgegeben von der Basler Historischen Gesellschaft, H. Georg's Verlag, Basel, 1856, Seite 99

Guido Helmig / Udo Schön, Beitrag "Die Stadtbefestigung am St.Alban-Graben und am Harzgraben", publiziert im Jahresbericht 1994 der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, herausgegeben von Rolf d'Aujourd'hui, Basel, 1997, ISBN 3-905098-20-2, Seiten 101, 102, 104, 109 und 110

Eugen Anton Meier, Freud und Leid, Band 1, Birkhäuser Verlag, Basel, 1981, ISBN 3-7643-1255-6, Seite 179

Christian Adolf Müller, Die Stadtbefestigung von Basel, Teil 2, 134. Neujahrsblatt der GGG, herausgegeben von der Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinnützigen, Kommissionsverlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1956, Seiten 11 und 12

Rudolf Riggenbach, "Schmuck der Mauern und Tore" publiziert in, Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Stadt, Band 1, herausgegeben von der Gesellschaft für Erhaltung historischer Kunstdenkmäler, Birkhäuser Verlag, Basel, 1932/71, Seite 202

Stefan Suter, Die strafrechtlichen Bedenckhen der Basler Stadtconsulenten (1648-1798), Schulthess, Basel / Zürich / Genf, 2006, ISBN 3 7255 4964 8, Seiten 36 und 122

Rudolf Wackernagel, Geschichte der Stadt Basel, Band 2/I, Verlag von Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1911, Seite 339 (zu den Gefängnissen)

Rudolf Wackernagel/Rudolf Thommen, Urkundenbuch der Stadt Basel, Band 1, herausgegeben von der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft zu Basel, C.Detloffs Buchhandlung, Basel, 1890, Seite 201

Rudolf Wackernagel, Urkundenbuch der Stadt Basel, Band 5, herausgegeben von der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft zu Basel, R.Reich, Basel, 1900, Seiten 357

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