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Der Kirchhof St.Margarethen
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Margarethenkirche/St.Margarethen 8lageplan

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Ursprung im frühen Mittelalter?

Die Binninger Kirche St.Margarethen geht möglicherweise auf eine Eigenkirche des Früh- oder Hochmittelalters zurück. Die Erkenntnisse von Ausgrabungen 1962, die Kirchenpatronin St.Margaretha und die die Konstellation eines Gotteshauses direkt neben einem alten Landgut, lassen diesen Schluss zu. Demnach könnten die Anfänge der Kirche im 9. oder 10. Jahrhundert liegen.

Die Eigenkirche als Typus eines Gotteshauses geht auf das frühe Mittelalter zurück. Es handelte sich dabei um eine Kirche die durch private Hand gestiftet wurde und auf privatem Boden stand. Die Stifter derartiger Kirchen waren vielfach reiche Gutsbesitzer die sich eine Kirche in ihrer Nähe bauen liessen. Damit war ein Bestattungsritus verbunden.

plan des kirchhofs st.margarethen

1 - Altes Nordschiff mit ehemaligen Unterteilungen

2 - Neues Kirchenschiff (1673) auf dem alten Kirchhof

3 - Verbliebener Kirchhof, heute Vorplatz der Kirche


Die Stifter solcher Eigenkirchen wurden nach dem Tod in ihrem Gotteshaus beigesetzt. Danach wurde die Kirche oft auch als Grablege für weitere Generationen der Stifterfamilie genutzt. Wenn St.Margarethen auf eine Eigenkirche zurückgehen sollte, dann fielen die frühesten Begräbnisse dort ins ausgehende frühe Mittelalter im 1.Jahrtausend.

Ein handfester Beweis für die Nutzung als Eigenkirche liegt bis heute, bei allen Indizien für das hohe Alter, nicht vor. Die Ausgrabungen während der Renovation 1962 förderten in der Kirche kein Stiftergrab aus jener Zeit zutage. Die erste Nennung von St.Margrethen Anno 1251 belegt die Existenz als Pfarrkirche in bischöflicher Hand im 13. Jahrhundert.

Im Besitz des Bischofs

Binningen und Bottmingen sind im Jahr 1004 in den Besitz des Bischofs von Basel gekommen. Damals könnte St.Margarethen bereits als Gotteshaus von beiden Dörfern genutzt worden sein. Ziemlich sicher ist jedoch, dass zu diesem Zeitpunkt eine Pfarrkirche auch einen Kirchhof als Begräbnisort für die Verstorbenen der Gemeinde besass.

Mit dem Übergang von St.Margarethen in die Hände der Dompropstei im Jahr 1260, erscheint in den Pflichten des neu zuständigen Pfarrers von St.Ulrich in Basel unter anderem der Besuch der Gräber des Kirchhofs an Kirchweih und Nachkirchweih. Damit sind zum ersten mal Beisetzungen bei der Kirche St.Margarethen urkundlich dokumentiert.

Die nächste Nachricht zum Friedhof stammt aus dem Jahr 1460. Der Empfänger eines Lehens der Dompropstei wurde dazu verpflichtet, den Kirchhof mit Holz- und Mauerwerk zu verschliessen. Dies sollte verhindern dass weiterhin Vieh aus der Umgebung hineinlaufen konnte. Die Begräbnisstätte von Binningen und Bottmingen war offenbar ein wenig würdevoller Ort.

margarethenkirche binningen

Aktuelle Ansicht der Kirche St.Margrethen von Osten her. In der Mitte, zwischen zwei profanen Gebäuden, das alte Nordschiff (Bottminger Schiff) des Gotteshauses mit Dachreiter.

Die Grabbesuche an Kirchweih und Nachkirchweih werden 1521/22 im Vorfeld der Reformation erwähnt. Pfarrer Jakob Immeli zu St.Ulrich war ein Vorkämpfer der Reformation. Er vollzog keine Riten mehr die seiner Überzeugung zuwider liefen, so unterliess er auch das Besuchen der Gräber zum Heil der Verstorbenen auf dem Kirchhof von St.Margarethen.

Friedhof und Kirche verkauft

Mit der Reformation ging St.Margarethen von der Dompropstei in die Hände von Basel über. Die Kirche wurde neu St.Elisabethen untergeordnet, da St.Ulrich aufgehoben wurde. Allerdings befand der Rat, dass Bottmingen und Binningen zu unbedeutend für eine eigene Kirche seien. Die Leute wurden gänzlich St.Elisabethen in Basel zugeteilt.

Ohne jede Einfühlsamkeit wurde St.Margarethen aufgehoben und 1530 in private Hand verkauft. Die Käufer, Many Jüdli und dessen Gattin Ursula, erwarben nicht nur das Gotteshaus, man veräusserte ihnen auch den Kirchhof. Basel hatte den Platz an dem Binninger und Bottminger seit Jahrhunderten ihre Toten beisetzten verschachert wie ein Mastschwein.

Nicht genug damit dass der Kirchhof in privaten Besitz überging - der Gemeinde von St.Margarethen wurde auch auferlegt, ihre Verstorbenen künftig in der Stadt wo St.Elisabethen lag beizusetzen. Von den Dorfbewohnern wurde somit erwartet, dass sie ihre Toten von Binningen oder Bottmingen den weiten Weg nach Basel transportieren sollten für die Beisetzung.

Hilfe vom Bischof

Zur Zeit der Reformation gehörten Binningen und Bottmingen zum politischen Herrschaftsgebiet des katholischen Bischofs von Basel. In kirchlicher Hinsicht gehörten die Dörfer mit Kirche jedoch zum alten Kirchsprengel von St.Ulrich (nunmehr jener von St.Elisabethen) und waren reformiert. Dieser irritierende Zustand hielt bis in das Jahr 1534 an.

Die Kirchgänger von Binningen und Bottmingen wandten sich in ihrer Not an ihren politischen Landesherrn, den Bischof von Basel der nun im katholischen Pruntrut residierte. Sie klagten ihm, dass es grosse Kosten verursache die Toten zur Bestattung nach Basel zu bringen, und dass man sie ihres Kirchhofs beraubt habe, den sie seit alters her genutzt hätten.

Der katholische Bischof setzte sich für seine reformierten Untertanen ein und hatte Erfolg. Die Verstorbenen konnten künftig weiterhin zu St.Margarethen beigesetzt werden, mit dem privaten Eigentümer wurde wohl eine besondere Regelung getroffen. Basel kaufte im Jahr 1547 die Kirche und das Gut zurück, um das meiste gleich wieder zu verkaufen.

kirchhof st.margarethen

Der verbliebene Teil des wohl tausend Jahre alten Kirchhofes zu St.Margarethen, gesehen von der nordöstlichen Tür des Binninger Schiffs. Heute dient der Hof als Vorplatz der Kirche.

Die Grabbesuche an Kirchweih und Nachkirchweih werden 1521/22 im Vorfeld der Reformation erwähnt. Pfarrer Jakob Immeli zu St.Ulrich war ein Vorkämpfer der Reformation. Er vollzog keine Riten mehr die seiner Überzeugung zuwider liefen, so unterliess er auch das Besuchen der Gräber zum Heil der Verstorbenen auf dem Kirchhof von St.Margarethen.

Grablege eines Niederländers

Ausgenommen von diesem erneuten Verkauf der Liegenschaften auf dem Margarethenhügel waren der grösste Teil der Kirche und der Kirchhof. Das Gotteshaus sollte renoviert und wieder genutzt werden, wenn auch nur als Filiale von St.Elisabethen in Basel. Derweil zogen die Kirchgänger den Gottesdienst im nahem Oberwil jenem in der Stadt vor.

Das Margarethengut und der Chor der Kirche wurden damals von Johann von Brügge erworben, einem in Basel eingebürgerten wohlhabenden Niederländer, der sich nach seinem Ableben als der bis heute bekannte Sektenführer David Joris entpuppen sollte. In seinem Besitz waren damals unter anderem auch das Binninger Schloss und das Holeeschlösschen.

Ein Schweigersohn von Joris, der vermögende Joachim van Berchem, wurde später Besitzer des Schlosses von Binningen. Als er im Jahr 1574 verstarb bestattete man ihn zu St.Margarethen. Sein Grabstein wurde 1962 wiederentdeckt und im Kirchhof angebracht. Dies belegt, dass auch in dieser Kirche bedeutsame Personen im Inneren eine Grablege erhielten.

Der äussere Friedhof

Als 99 Jahre später die Kirche neu und grösser erbaut wurde, musste für ein zweites Schiff ein Teil des Kirchhofs geopfert werden. Um den Verlust auszugleichen musste sich erst Landvogt Sebastian Socin zu Münchenstein beim Rat Basels einsetzen bevor sich etwas tat. Er bat im Jahr 1679 namens der Gemeinde um ein Stück Acker nahe der Kirche.

Die Gemeinde wolle dieses Stück Land mit einer Mauer umfassen um es als Friedhof zu nutzen. Da die Gemeinde aber zu arm sei um die Kosten zu tragen, ersuchte der Vogt den Rat darum, zu diesem Bauvorhaben siebenhundert Ziegel, dreihundert Hohlziegel und viereinhalb Fuhren Kalk beizusteuern. Der Rat willigte ein, so entstand der äussere Friedhof.

Beim Ausbau der Kirche kam es zu Streitigkeiten mit Franz Hentzgi, dem Besitzer des neben dem Gotteshaus liegenden Landgutes Margarethen. Er befürchtete Nachteile wegen der Erweiterung und versuchte sie zu verhindern. Als er Anno 1702 starb, hinterliess er der Kirche jedoch ein grosszügiges Legat das von der Dompropstei verwaltet wurde.

gedenkplatten

Links Die 1962 wiedergefundene Grabplatte des 1574 in der Kirche bestatteten Joachim van Berchem. Rechts Das Epitaph der Familie Hentzgi (Inschrift siehe unten). Beide Steine stehen heute im Kirchhof.

Ein Familiengrab

Hentzgi wurde zu St.Margarethen zur letzte Ruhe gebettet, wo auch seine Frau und sein Sohn Hans Georg mit dessen Gattin ihre Grablege erhielten. Die überlieferte Grabinschrift besagte folgendes:

"Hier ruhen in Gott folgende weiland Besitzere des Guths bey St.Margaretha: Der Ehrenwert und Vorgeachtete Herr Franz Henzgen, verschied d.14. 8bs 1702 sein. Alt. 73 Jahr 8 Mon. Die Ehr- und Tugendreiche Frau Barbara Bülacherinn, dessen Ehefrau, verschieden den 27. 7bs 1706, ihres Alters 63 Jahr.

Der Ehrenvest und Vorgeachtete Herr Joh. Georg Henzgen dero ehel. Sohn, Kaiserlicher geschworener Notarius, verstorb. d.16. May 1726 sein Alt. 56 Jahr 10 Mon. Die Ehr- und Tugendreiche Frau Magdalena Jmhof, dessen erste Ehefrau, nachdem sie 44 Jahr 4 Monat gelebt und demselben d.24. May 1713 inn die ewige Freude vorhergegangen.

Dero samtl. Angedenken hiermit erneuern wollen dessen hinderlassene höhbetrübte Wittib etc. Frau Maria Schlechtinn."


Tod eines jungen Hauptmanns

Ein anderes Epitaph erinnert an den jungen Niklaus von Diesbach, Hauptmann in niederländischen Diensten. Die Gedenktafel voller martialischer Symbole hängt heute im Südschiff der Kirche. Der Offizier war auf dem Heimweg in die Schweiz, als er bei Binningen vom Pferd fiel und den jähen Tod fand. Er wurde zu St.Margarethen begraben.

In der Zwischenzeit war es erneut notwendig geworden den Kirchhof auszubauen. Obwohl es seit Jahrzehnten einen äusseren Friedhof gab, wünschten viele Mitglieder der Gemeinde eine Bestattung auf dem innern Begräbnisplatz, um möglichst nahe bei der Kirche zu ruhen. Der Platz war schon 1679 zu klein und bis 1721 war er hoffnungslos überfüllt.

Es wird berichtet, dass kaum verweste Leichen in ihren Särgen zutage kamen, wenn Gräber für neue Bestattungen ausgehoben wurden. Von einem "scheuzlichen spectacul" ist die Rede, wenn bei jeder Beerdigung alte Särge zerschlagen und Leichen in ihrer Ruhe gestört wurden. Um dies zu beenden wandte sich die Gemeinde an Johann Georg Hentzgi.

alter gottesacker binningen

Weggabelung Friedhofstrasse/Margarethenstrasse. Eingang des alten Gottesackers (nicht zu verwechseln mit dem Kirchhof) von Binningen, dessen Ursprung im Anno 1813 angelegten Friedhof liegt.

Erneute Vergrösserung

Der bereits genannte Eigentümer des Margarethenguts möchte doch ein Stück Rebgelände direkt beim inneren Kirchhof zu dessen Erweiterung abtreten. Etwas widerwillig trennte sich Hentzgi von dem Stück Land, so dass sich die Gemeinde an den Rat von Basel wenden konnten, um ihm ihr Gesuch zur Erweiterung des Kirchhofs zu unterbreiten.

Man wies darauf hin wie günstig diese Gelegenheit sei, wieder einen einzigen ganzen Friedhof bei der Kirche zu kriegen. Ferner erklärte man sich gerne bereit zur Erweiterung Frondienste zu leisten. Der Rat schenkte den Leuten von Binningen und Bottmingen ein offenes Ohr, so konnte im Jahr 1721 zu Kosten von 100 Pfund der Ausbau getätigt werden.

Die neue Mauer, die den ganzen Kirchhof umschloss, wurde geweisselt und mit Ziegeln gedeckt. Der äussere Kirchhof ist vermutlich ganz still aufgegeben worden, denn von ihm ist nicht mehr die Rede. Es sollte keine hundert Jahre dauern, bis der erweiterte Kirchhof nicht mehr genügte um die Verstorbenen der gewachsenen Gemeinde aufzunehmen.

Der Gottesacker von 1813

Während der Amtszeit von Pfarrer Simon Emanuel La Roche war der Kirchhof definitiv nicht mehr als Begräbnisplatz nutzbar. Im Jahr 1812 wandte sich die Gemeinde an das Deputatenamt wegen eines finanziellen Beitrags an einen zu schaffenden Gottesacker. Das Amt nahm vor Ort einen Augenschein und befürwortete das Gesucht vor dem Rat Basels.

Der Rat überliess die Suche nach einem geeigneten Platz der Gemeinde, die im Frühjahr 1813 mit einem passenden Stück Land zurück an den Rat gelangte. Der Preis für das Land und die Mauer wurde auf 1071 Franken und fünf Batzen geschätzt. Das Angelegenheit lief über Peter Ochs, Vorsitzender des Deputatenamts.

Ochs spielte auch eine wichtige Rolle bei der später realisierten Anlage des Gottesackers St.Elisabethen. Er erwirkte vom Rat der Stadt einen Zuschuss von 400 Franken an den Bau des neuen Friedhofes zu St.Margarethen. Der Rat folgte dem Vorschlag, der Friedhof wurde gebaut. Nach über 800 Jahren endeten die Bestattungen bei der Kirche.

Der 1813 angelegte Gottesacker ist der Kern des heute noch in Gebrauch stehenden alten Binninger Friedhofs an der Friedhofsstrasse. Im Jahr 1862 musste er erneut erweitert werden, wovon bis ins 20. Jahrhundert eine eingehauene Jahreszahl im Portal des Friedhofs kündete. Der heutige Gottesacker wurde seither wiederholt umgestaltet.



interne Querverweise zu Binningen:

>> Schloss Binningen

>> Das Holeeschlösschen

Querverweis zur Liegenschaftsgeschichte:

>> David Joris (einst Besitzer von Margarethengut und Kirchenchor)



Beitrag erstellt 27.10.04 / Layout angepasst 24.07.10

Quellen:

Karl Gauss, Basilea Reformata, Verlag der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft, Basel, 1930, Seiten 23 und 24

Karl Gauss, Die Kirche zu St.Margarethen, herausgegeben vom Kirchgemeindeverein Binningen-Bottmingen, Buchdruckerei Binningen B. Wirz, Binningen, 1930, Seiten 10 bis 11, 30, 37 bis 38 und 43

Hans-Rudolf Heyer, Die St.Margarethen-Kirche in Binningen, Schweizerischer Kunstführer GSK, Serie 14, Nr. 135, herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, o.V., Bern, 2. veränderte Auflage, 1996

Hans-Rudolf Heyer, "Reformierte Pfarrkirche St.Margarethen", publiziert in Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Landschaft, Band 1, herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Birkhäuser Verlag, Basel, 1969, Seiten 214 bis 227

Christian Adolf Müller, Baselbieter Bau- und Siedlungsgeschichte von der Reformation bis zur Mitte des 19.Jahrhunderts, 145. Neujahrsblatt der GGG, herausgegeben von der Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinnützigen, Kommissionsverlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1967, Seiten 59 bis 61

Carl Roth, "Kirche und Landgut St.Margarethen", publiziert im Basler Jahrbuch 1920, Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1919, Seiten 110, 116 bis 117, 126, 136, 143, 147, 158 und 172

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