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Glosse Nr.23 / 23. Februar 2006

Fasnacht II

"Es ist schwer das Nahen der Fasnacht zu ignorieren, vor allem seit ich letztjährig meine Premiere als Einzellarve hatte und jetzt die Secondiere vor der Tür steht, die nun ohne die kleinen Macken eines Prototyps daherkommen soll. Der Grabmacherjoggi kehrt zur Fasnacht erneut als "Dr letscht Stänzler" zurück auf die räppligepflasterten Gassen Basels.

Beissende Kälte, Regen und gar einige Schneeflocken führten dem Basler Unikat im vorigen Jahr gehörig die Nebenwirkungen des stundenlangen Wachestehens vor dem Münster vor Augen. Langsam saugte sich das Kostüm mit Wasser voll, und die weissen Galahandschuhchen versagten als Kälteschutz kläglich, mehr noch - ich habe den Verdacht sie leiten die Kälte direkt in die Blutbahn. Das feuchte Wetter züchtete innert Stunden eine Flugrostplantage auf dem polierten Stahl der Stänzlermuskete.

Nach einem Nachmittag des dekorativen Wachens auf dem Münsterhügel, sah Wachtmeister Seiler aus als hätte er eben mit einem Schwarm wütender Kosaken am Rockzipfel die Beresina durchwatet. Hinzu kam dass das kleine Glühbirnchen der Kopflaterne den Geist ausgehaucht hatte und nun ersetzt werden musste. Es offenbarte sich dabei dass mein Larvenbauer die Lichtspender auf der dunklen Seite des Mondes gekauft hatte, wo man ganz exotische Fassungen zu benützen scheint.

In einer Wühlkiste alter Veloersatzteile fanden sich schliesslich einige arg staubige Birnchen die mit der Fassung in meiner Kopflaterne kompatibel waren. Die Zeedel in der Munitionstasche waren bei dieser Londoner Nieselsuppe feucht und wellig geworden, wie eine Rolle Toilettenpapier die Beim Duschen dem Duschvorhang zu nahe gekommen war. Wenigstens waren die übriggebliebenen Bonbons im Brotsack intakt geblieben. Die wenigen Überlebenden wurden von mir beim Musketepolieren schlotzenderweis vertilgt.

Im Rahmen des inneren Dienstes wurde auch die goldene Fasnachtsplakette am blauen Stänzlerkaput neu positioniert. Bei einem Toilettengang im Isaak hatte ich nämlich festgestellt dass ich mir am Morgen das gute Stück nicht bloss an den Mantel geheftet, sondern dabei auch gleich noch meinen Pullover drunter erwischt hatte. Das Ablegen des Kaputs wurde dadurch zu einer wahrhaft mr.beanesken Nummer, weil ich ewig brauchte um zu bemerken wieso er hartnäckig an meinem Pulli haftete.

Der rauhe Wachtdienst zur strengen Beaufsichtigung des fasnächtlichen Treibens wurde aber mehrfach aufgelockert. In gleichem Masse wie die Bonbons für die Kinder und die Zeedel ausgeteilt wurden, empfing Wachtmeister Seiler kleine Zuwendungen aktiver Fasnächtler. Das ging von einer Schachtel Zigarrillos über ein Doppelpack Kondome bis hin zu Kuchen und Kaffee mit geistiger Beigabe. Natürlich dürfte der wackere Stänzler auf Wache eigentlich keine Geschenke annehmen. Darüber schwebt der Beigeschmack der Korrpution.

Doch das düstere Wetter weichte nicht nur das Kostüm sondern auch die Dienstmoral auf, und der Geist der Fasnacht sorgte dafür dass Johann Jakob Seiler jegliche dienstbedingte Strenge den Rhein hinab schickte und freudig die Kaputtaschen mit den angebotenen Liebesgaben füllte. Wohlig bürstet der Veteran nun sein Tenü und staubt die Larve ab, voll Vorfreude auf die fasnächtlichen Tage an denen er mit scharfem Blick durch die drey scheenschte Dääg Basels schreiten kann.

engel

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