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Die Fasnacht am Ende des Mittelalters
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Im Mittelalter nannte man "Fastnacht" jenen Tag der Volksbelustigung vor der Fastenzeit die mit dem Aschermittwoch begann. Während der folgenden vierzig Tage des Verzichtes im Gedenken an die Leiden Christi durften die Fastenden täglich nur drei Bissen Brot und wahlweise drei Schluck Bier oder Wasser zu sich nehmen. Sonntage waren von der Fasterei ausgenommen. Papst Innozenz VIII. fügte 1486 der bescheidenen Speisekarte auch Milchprodukte zu. Bei einem solchen Programm der Enthaltsamkeit versteht man, wieso zuvor nochmals richtig zulangt wurde. Der Name Fastnacht mit "t" hielt sich bis ins 20.Jh und erschien bis 1924 auf der Fasnachtsplakette.

ritterjagd

Während der Fasnachtstage ging es zuweilen grob zu, denn die mittelalterliche Gesellschaft kannte überbordende Emotionen ebenso wie plötzliche Gewaltausbrüche. Im Jahr 1477 fand sich zur Fasnachtszeit eine Gruppe Innerschweizer in aufgekochter Stimmung zusammen um den "Zug zum törichten Leben" in die Waadt zu führen. Dabei handelte es sich nicht um einen Jux in Verkleidung. Die Burschen waren kriegsmässig bewaffnet und gedachten im Rahmen dieses Ausflugs, auch bekannt als Saubannerzug, zu Rauben und zu Brennen um von Savoyen ein ordentliches Schutzgeld zu erpressen.


Die Böse Fasnacht von 1376

Im Februar 1376 kam es in Basel zur sogenannten "Bösen Fasnacht". Herzog Leopold III. von Österreich hatte den provokanten Einfall, am Dienstag vor dem Fasten mit einer grossen Entourage von Rittern von seinem Herrschaftsgebiet Kleinbasel nach Grossbasel zu kommen. Auf dem Münsterplatz wurde ein Turnier abgehalten, wobei es hoch her ging. Etwas entzündete den Zorn den Bürgerschaft und schon griffen die Basler auf ihren Zünften zu den Waffen. Der Tag endete mit mehreren totgeschlagenen Adligen. Zwölf Bürger wurden wegen des Aufruhrs geköpft und über die Stadt wurde die Reichsacht verhängt.

In Basel machten sich auch Zünfte und Gesellschaften in den Wochen vor der Fastenzeit gegenseitige Aufwartungen bei denen reichlich gespiesen wurde. Obwohl der Aeschermittwoch zur Zeit des Fastens gehörte, bereiteten die Küchenmeister der Zünfte auf diesen Tag nochmals ganz besondere Köstlichkeiten. Da der siebente Wochentag vom Fasten ausgenommen war, feierte man am ersten Sonntag nach Aschermittwoch noch einmal mit den Entfachen von Fasnachtsfeuern. Anno 1497 untersagte die Obrigkeit das Entzünden der Feuer.


muensterplatz

Der Münsterplatz mit der Laternenausstellung zur Fasnacht 2022. Schon im Mittelalter wurden hier fasnächtliche Turniere und Feuerspiele auf der Pfalz abgehalten.

Fasnächtliche Feuerspiele

Das Spiel mit dem Feuer am besagten Sonntag nach Aeschermittwoch (auch bekannt als Funkensonntag), war im spätmittelalterlichen Basel ein Brauch der seit dem frühen 15.Jh belegbar ist. In Kleinbasel seien 1416 die Knaben, die an der alten "Vasnacht" mit Fackeln auftraten, auf Kosten der Obrigkeit verpflegt worden. Im Jahr 1447 untersagte man das Tragen von Fackeln und 1476 wiederholte man das Verbot in schärferer Form um der Gefahr von Feuersbrünsten zu begegnen. 1484 berichtet uns ein erneutes Verbot über Details der Feuerbräuche an Fasnacht:

"Demnach und bisher in Übung gewesen ist, dass uff der alten Fassnacht ze Nacht uff der Pfalz uff Burg die jungen Knaben mit Facklen und Für gezogen sind, uff der Schyben sich mit einander geslagen hand, davon zem dicken Mol Uffruor erwachsen sind, so haben die bed Röd erkannt, dass hinfür zu ewigen Zitten nit me gestattet werden soll, dass kein Fassnacht Für, noch kein Schlagen uff der Schiben noch Pfalz noch sust an einem End der Statt."

Demnach untersagten der Kleine und der Grosse Rat der Stadt das Schleudern von brennenden Scheiben von der Pfalz aus und das bislang praktizierte Spiel mit Fackeln und Feuer auf Pfalz und Münsterplatz. Deswegen sei es nämlich öfter zu Aufruhr gekommen. Im frühen 16.Jh hatten sich Jugendliche beim Turm "Wagdenhals" ob dem Steinentor versammelt (um 1550 durch das gleichnamige Bollwerk ersetzt). Dort sei man dann mit brennenden Fackeln erbittert aufeinander losgegangen, bis die Obrigkeit den Stadtknecht schickte, der die Sache nötigenfalls mit Stockhieben beenden sollte.


Viele Verbote nach der Reformation

Mit der Reformation kam der Bildersturm von 1529 (siehe Querverweis unten), der nicht zufällig in die Fasnachtszeit fiel und der am Aschermittwoch im Verbennen von Kirchenzierden gipfelte. Die Reformation beendete die Fastenpflicht. Die fromme Stadt wollte das fasnächtliche Treiben als Relikt katholischer Zeiten abzuschaffen, aber die Verbote wirkten nicht wie erhofft. 1530/31 lochte man einige Fasnächtler ein weil sie nackt auf den Strassen tanzten.

Im Jahr 1532 tanzte über ein Dutzend Männer, unter anderem Druckerlehrlinge, Metzger und Schlosser, begleitet von einem Pfeifer auf der Stube der Zunft zu Hausgenossen, auf dem Markplatz und in Gassen und Strassen. Die Fasnachtstänzer wurde mit je fünf Pfund Busse und der Androhung der Enthauptung bei Wiederholung zur Rechenschaft gezogen. Der fasnächtliche Schabernack liess sich bei aller Sittenstrenge nicht ausrotten.

Im Februar 1531 geisterten des Nachts fünf Kleinbasler Burschen als Gespenster verkleidet in den Strassen umher und schrecken die braven Bürger mit der Ankündigung einer angeblich nahenden Pest aus ihren Betten, wofür man sie hart strafte und einkerkerte. Anno 1546 gebot der Rat per Mandat, dass es untersagt sei nach Aschermittwoch Fasnacht zu halten oder Essgelage auf Zünften abzuhalten. Auch vom Pfeifen und Trommeln und Verkleiden sei abzulassen. Im Februar 1555 wurden die heidnischen Fasnachtsfeuer und das Verkleiden fünf Pfund Strafe verboten.


Spezieller Fasnachtstermin

Es gibt Hinweise dafür, dass der Fasnachtstermin vom Montag bis zum Mittwoch nach Aeschermittwoch als lokale Eigenheit in Basel bereits auf die Zeit vor der Reformation zurückgeht. So führte der Basler Stadtherr Bischof Johann von Venningen zu seiner Amtszeit von 1458 bis 1478 am Tag der Pfaffenfasnacht wie auch am Aschermittwoch und in der folgenden Fasnachtszeit festliche Bankette durch. Es ist nicht bewiesen, dass der späte Zeitpunkt der Basler Fasnacht in den Jahren nach 1529 als bewusster Affront wider die altgläubigen Nachbarn entstand, zumal mit der Reformation die Fasnacht ohnehin verboten wurde.

Bereits vor der Reformation gab es um die Fasnacht immer wieder Verbote, wie wir schon bei den Feuerbräuchen sahen. Während des Konzils zu Basel (siehe Querverweis unten) riefen die Stadtväter die Basler Bevölkerung 1432 zu Zurückhaltung auf, was nicht viel fruchtete. Im Jahr darauf wurde explizit untersagt, zur Fasnachtszeit mit veränderter Kleidung umherzugehen, sich als Narr oder Teufel zu gewanden oder eine Larve zu tragen. Viel Murren rief das Tanzverbot zur Fasnachtszeit 1435 hervor, welches Herzog Wilhelm von Bayern auf Geheiss des Konzils verhängte.


Fortleben in den Zünften

Durch die Zünfte erhielt die Basler Fasnacht in der ersten Hälfte des 16.Jh jenen militärischen Charakter der bis heute nachklingt. Die Musterung der wehrpflichtigen Mannschaften unterstand damals weitgehend den Zünften und Gesellschaften, in deren Häusern auch Waffen und Ausrüstung lagerte. Dort fanden um den Aschermittwoch die Inspektionen statt. Da das fasnächtliche Treiben nach der Reformation verboten war, scheint es sich zum Teil in den Schutz der miliärischen Musterungen und in den privaten Raum begeben zu haben zu haben. Bei solchen Zunftanlässen wurde naturgemäss getrommelt und den militärischen Umzügen scheinen sich zuweilen fasnächtliche Gestalten angeschlossen haben.

Doch nicht nur die Musterungen boten der Fasnacht Obdach. Die Zunftessen waren nach der Reformation in gewissem Umfang bis Aeschermittwoch weiterhin erlaubt. Schliesslich fanden sei nicht nur an jenem Tag statt, sondern auch zu Neujahr, am 1.Mai und zum Tag des Kaisers Heinrich. Zu solchen Festivitäten wurden auch Frauen geladen. Man trank, tanzte und war guter Dinge. Ein hervorragender Nährboden für die Fasnacht die sich aus dem öffentlichen Raum verbannt sah. Wenn Musterung und Zunftessen zusammen einherkamen uferte dies immer wieder in eine regelrechte Fasnacht aus, entgegen allen Verboten und Drohungen.


kinderzug

Umzüge der kriegerisch gerüsteten Jugend gehörten im 16.Jh zur Fasnacht. Das Gemälde "Triumphzug der Kinder" an der Marktfassade der Rathauses wurde wahrscheinlich von diesem Umzügen inspiriert.

Laut Fridolin Ryff wurde am Fasnachtsmontag 1540 eine Musterung durchgeführt, bei der sich auf allen Zünften und Gesellschaften die Bürger und Hintersassen mit Waffen und Rüstung zeigen mussten. Jede Zunft sei danach wohlgekleidet mit Fähnlein und Zunftzeichen durch die Stadt gezogen, und die Fasnacht sei in diesem Jahr während acht Tagen (!) fröhlich begangen worden. Man habe Reigen von Mädchen und Frauen tanzen und grosse Fasnachtsfeuer brennen sehen. Darüber hinaus zogen am 18. Februar 600 Jugendliche im Harnisch mit Schwert und Halbarte durch die Stadt und wurden durch die Obrigkeit mit Gebäck und Äpfeln belohnt. Ab 1540 versammelte sich zur Fasnachtszeit die männliche Jugend der Quartiere zu Umzügen.




Querverweise zur Fasnachtsgeschichte:

>> Die Basler Fasnacht
>> Quartierumzüge zur Fasnacht
>> Der Weg zur Strassenfasnacht
>> Der Morgenstreich
>> Die alten Cliquen 1884 bis 1938
>> Die Entstehung der Guggemusik 1906 bis 1965
>> Der Tambourmajor

Querverweise zu historischen Hintergründen:

>> Das Konzil zu Basel
>> Der Bildersturm 1529



Literatur:

Paul Burckhardt, Basel in den ersten Jahren nach der Reformation, 124. Neujahrsblatt der GGG 1946, Helbing und Lichtenhahn, Seiten 69 bis 72

Fritz Meier, Basler Heimatgeschichte, 5.Auflage 1974, Lehrmittelverlag des Kantons Basel-Stadt, Seiten 347 bis 351

Paul Koelner, Die Basler Fastnacht, 1913, Universtitätsbuchdruckerei Friedrich Reinhardt, Seiten 5 bis 6, 10 und 12 bis 15

Eugen A.Meier, Basler Almanach Band 1, 1988, Buchverlag Basler Zeitung, ISBN 3-85815-175-0, Seiten 66, 71, 73, 74, 83, 86, 91

Eugen A.Meier, die Basler Fasnacht, 2.Auflage 1986, Herausgegeben vom Fasnachts-Comité, ISBN 3-9060-7200-1, Seiten 23 bis 52

C.H.Baer, Kunstdenkmäler des Kantons Basel Stadt, Band 1, 1932, Birkhäuser Verlag, Seiten 614 bis 615

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