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Die alte Elisabethenkirche
© by altbasel.ch

Elisabethenstrasse 10

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Am Anfang stand eine Friedhofskapelle

Lange bevor an der heutigen Elisabethenstrasse die von Christoph Merian gestiftete Kirche aus grauem Sandstein erbaut wurde, stand an ihrer Stelle die Kapelle und Pfarrkirche St.Elisabeth. Im Jahr 1288 trat das städtische Spital sein freistehendes Land am Birsig dem Barfüsserkloster zur Erweiterung seines Begräbnisplatzes ab.

Bald benötigte das Spital selber einen Ort für Bestattungen, der auf dem Grundbesitz in der Vorstadt Spitalscheuern in der Nähe des Spitalhofes angelegt wurde. Zugleich erfolgte wahrscheinlich die Errichtung einer Friedhofskapelle und einer Klause wo Schwestern oder Brüder sich der Krankenpflege, Beisetzung und Totenklage widmeten.

st.elisabethen

Die Elisabethenkirche auf dem Stadtmodell im Klingentalmuseum. Man bedenke, dass hier nach dem Merianplan gearbeitet wurde, der oft die Proportionen nicht korrekt wiedergab.

1 - Kleiner Hof mit frühem Klausentrakt links
2 - Elisabethenkirche wie sie um 1615 aussah
3 - oberer Kirchhof, 14. Jahrhundert
4 - unterer Kirchhof ab 16. Jahrhundert
5 - heutige Elisabethenstrasse

Die Kapelle wurde erstmals 1301 mit der Klause zu St.Elisabeth genannt, wobei uns mit Kunigunt und Gertrut zwei Klausnerinnen namentlich überliefert sind. Die Klause war nördlich des Gotteshauses in die Friedhofsmauer eingebaut. Später auch "Bruderhaus" genannt, wurde die Klause mit dem Kirchenneubau 1515 abgerissen. Es ist unsicher, ob ein Ersatz für die Klause selben Ort gebaut wurde.

Vielleicht übernahm 1515 aber auch ein kleines Haus am Südende des Friedhofes die Funktion der abgerissenen Klause. Seit 1315 hatte ein Priester täglich am Altar der Kapelle eine Messe zu lesen und dreimal pro Woche die Totenmesse zu zelebrieren. Ferner trug man ihm auf, die Gräber und beide Beinhäuser mit Weihwasser und Gebet zu besuchen.


Wenig bekannt über das frühe Aussehen

Anno 1334 wurde erstmals festgehalten, dass die Elisabethenkapelle zur St.Ulrichskirche gehöre. Über das Aussehen der ersten Kapelle ist wenig bekannt, erst über den Neubau von 1515/16 sind wir genauer informiert. Die Kapelle des 16.Jh war ein schlichtes Gotteshaus. Es handelte sich um ein rund 20 Meter langes Gebäude ohne zusätzlichen Chor mit einem steilen Satteldach.

Auf diesem Dach erhob sich auf dem First ein kleines Türmchen mit zwei kleinen Glocken. Südlich der Kirche lag mit einer Länge von rund 65 Metern und einer durchschnittlichen Breite von 21 Metern der obere Gottesacker. Auf ihm wurden Verstorbene des Spitals beigesetzt. Später benützten ihn ebenso die Elisabethen- und die Ulrichsgemeinde.


Ruhestätte der armen Sünder

Erst 1401 erhielt St.Ulrich einen eigenen Friedhof an der Rittergasse. Kurios mutet an, dass unter den kirchlichen Pflichten des neuen Kaplans zu St.Elisabeth um 1510 immer noch der Besuch des Beinhauses zu St.Ulrich aufgeführt wurde. Man begrub zu St.Elisabeth auch Ertrunkene, Pilger und ortsfremde Personen.

st.elisabethen

Dieser Blick auf die Elisabethenstrasse Nummer 10 zeigt mit schematischen Rotflächen und Elementen einer alten Illustration den Standort und die Gestalt der einstigen Kirche um das Jahr 1864 an der Stelle des heutigen Pfarrhauses.
Ausserdem wurde eigens festgehalten, dass bei den Reckholderstauden Hingerichtete sowie Selbstmörder ihre letzte Ruhe fanden. Man begrub diese Menschen oft bei Dunkelhheit ohne jeden geistlichen Segen. Bekannt ist etwa, dass hier 1371 die Küfer und Zimmerleute der Zunft zu Spinnwettern den Fassbinder Haneman Röteler hätte begraben sollen. Er war wegen Diebstahles zum Tod verurteilt worden.

Bei der Beisetzung des Gehängten stellten die Zunftbrüder fest, dass er noch lebte. Der bestohlene Geldwechsler Peter Agstein, Ratsherr der Zunft zu Hausgenossen, vernahm dies und eilte zornig zum Henker, der seine Arbeit nicht gewissenhaft gemacht hatte, um ihn noch am Mittagstisch mit dem Schwert zu töten. So wurde anstelle des Diebes der Henker hier begraben.

Auch Jörg zur Sonnen, Ehemann der Barbara Hafengiesser, wurde 1461 hier beigesetzt, nachdem man ihn wegen Strassenmordes hingerichtet hatte. Sein Weib stiftete zu seinem Andenken 1463 zu St.Elisabeth einen St.Georgs-Altar, verbunden mit einer Pfrund. Auf dem Friedhof gab es ein "Armeseelenlicht", in diesem Fall keine freistehende Säule sondern eine Art Bildstöcklein mit Totenlicht darin.

Die Leuchte brannte nachts um die Toten zu ehren und den Friedhof zu beleuchten. Sie bot wohl Ende des 15.Jh ein trauriges Bild und wurde Anno 1494 von der Spinnwetterzunft instand gestellt. Ausser dem St.Georgs-Altar hatte St.Elisabethen einen Hauptaltar, der vermutlich an der Westwand zwischen den Spitzbogenfenstern seinen Platz hatte. Der Georgsaltar lag wohl an einer Seitenwand, gegenüber dem Marienaltar.


Der Neubau von 1515/16

Im Frühjahr 1515 bewilligte der Rat den Abriss und den Neubau einer Kirche, die grösser werden sollte. Man warnte jedoch davor, zu beherzt zur Sache zu gehen um später den Elan zu verlieren. Es wäre nicht im Sinne des verstorbenen Hieronymus Bär, der das Geld für diesen Neubau hinterliess, das alte Gotteshaus abzubrechen um dann später das neue nicht zu vollenden.

Die neue Kirche war 1516 vollendet. Nach dem Bau übernahm St.Elisabeth wohl bereits die Funktionen einer Pfarrkirche. Zu St.Elisabeth predigte 1523 mit Jakob Immeli, Leutpriester zu St.Ulrich, einer der eifrigsten Pioniere der Reformation in Basel. Im folgenden Jahr belegte ein Almosen der Spinnwetterzunft, dass es noch hier wohnende Klauserinnen gab, wie schon zweihundert Jahre zuvor.

Nach der Reformation 1529 wurde das Gotteshaus in den Stand einer Kirche mit eigenem Diakon als Filiale des Münsters erhoben. Nach der Aufhebung von St.Ulrich übernahm St.Elisabeth den Sprengel zwischen den Gemeinden von St.Alban und St.Leonhard. Ebenfalls in die Zeit nach der Reformation fällt die erste Nutzung des unteren Friedhofs.


Ein neuer Friedhof

Diese Begräbnisstätte lag am Fuss der Stützmauer des oberen Friedhofes und gehörte früher zum Steinenkloster, welchem er als Garten, vielleicht bereits auch als Begräbnisplatz gedient haben mochte. Nunmehr wurden hier die verstorbenen Spitalinsassen beerdigt. Die beiden Friedhöfe zusammen waren um 1769 mit 450 Gräbern die grösste Begräbnisstätte Basels.

Man hegte in diesen Tagen den Wunsch, jene Partie des oberen Friedhofes, wo die Angehörigen der Kirchgemeinde beigesetzt wurden, durch eine Mauer von jenem anrüchigen Teil zu trennen, wo die "armen Sünder" beigesetzt wurden. Man erkennt in diesem Ansinnen, wie auch noch im Tod keineswegs Gleichheit unter Gottes Kindern herrschte.

St.Elisabeth wurde 1643 renoviert und erhielt neues Gestühl und eine neue Kanzel. Die Kirche bekam um 1656 einen Anbau im Stile eines Seitenschiffs, der südlich des Gebäudes in den Friedhof ragte und direkt an dessen Eingangspforte endete. In diesem Anbau hingen auch Epitaphien bekannter Familien. 1782 wurde eine neue Orgel eingebaut.

pfarrgarten

Eingang von der heutigen Elisabethenkirche her zum Pfarrgarten in welchem das letzte Stück des alten Kirchhofes erhalten blieb. Wenige Schritte davor stiess man unter dem Asphalt 2006 auf eine Massenbestattung.
Das Gotteshaus der Basler Standestruppe

Anno 1827 wurde die Kirche wiederum renoviert und mit neuen Stühlen versehen. Mittlerweile war das kleine Gotteshaus auch Garnisonskirche für die Standestruppe, welche in der nahen Blömleinkaserne, dem ehemaligen Steinenkloster, einquartiert war. Die Stänzler hatten ihrem Platz auf der Empore, wo sie angeblich hustend und schnarchend unter der Aufsicht der Feldweibel dem Gottesdienst beiwohnten.

In den 1850er Jahren kam das vornehme Ehepaar Forcart aus dem Schilthof zur Andacht,und der betagte Bäckermeister Fischer, der als Orgelspieler amtete, begann erst nach deren Eintreten mit seinem Spiel. Die Friedhöfe zu St.Elisabeth wurden im 19. Jahrhundert zu klein. Ab 1843 wurden Verstorbene nicht mehr hier beigesetzt, sondern auf dem 1817 eröffneten Gottesacker St.Elisabeth beim Aeschenbollwerk.


Eine neue Kirche ersetzt die alte

Der Grosse Rat bewilligte im Frühjahr 1857 den Bau einer neuen Elisabethenkirche gemäss Vorgaben der Stiftung Christoph Merians, der die ganzen Kosten von beinahe 3 Millionen Franken übernahm. Direkt neben der bescheidenen alten Kirche wurde 1857 der Grundstein für die heute bekannte Kirche im neugotischen Stil gelegt.

Am 5.Juni 1864 konnte dort der erste Gottesdienst abgehalten werden, am 6.Juli desselben Jahres begann der Abriss der mittelalterlichen Kapelle und Pfarrkirche St.Elisabeth. An ihrer Stelle steht heute das Pfarrhaus der neuen Kirche. Orgel und Bestuhlung gingen an die St.Jakobskirche, die beiden Kapellenglöcklein übernahm die Kirchenbaukommission von Birsfelden.

Doch auch lange nach dem Verschwinden des alten Gotteshauses kamen immer wieder Spuren seiner Vergangenheit zutage. Anno 1911 fand man im Garten des Pfarrhauses (Elisabethenstrasse 10) Gebeine. Man vermutete, es seien Pestopfer gewesen, da sie in dichten Schichten übereinander lagen. 1978 fand man bei Erdarbeiten an einer Zuleitung zum Pfarrhaus erneut menschliche Knochen.

In beiden Fällen waren es Bestattungen des alten Friedhofes, von dem sich ein Teil im Pfarrhausgarten bis heute erhalten hat. Noch immer ruhen dort die sterblichen Überreste jener, die nachts im fahlen Schein des Armeseelenlichts zu St.Elisabeth begraben wurden, und die nicht durch Schaufeln und Bagger aus ihren Gräbern gerissen wurden. Die letzten Funde stammen von 2006.


Fund einer Massenbestattung 2006

Im Juli dieses Jahres stiess man bei Leitungsbauten entlang der neuen Elisabethenkirche auf die Spuren einer Massenbestattung. Mehr als 30 Gräber wurden ausserhalb des Pfarrgartens, aber noch auf dem ehemaligen Gelände des Kirchhofs, gefunden. Vorab ist noch nicht sicher ob es sich um Bestattungen des Mittelalters oder der frühen Neuzeit handelt, aber sie erfolgten wohl gleichzeitig.

Die verstorbenen Personen wurden dicht beieinander, ja gar übereinander in die Gruben gelegt. Man fand Skelette aller Altersgruppen, darunter auch Kleinkinder und Säuglinge. Die offensichtlich zeitgleiche Beisetzung so vieler Menschen verschiedenen Alters, legt angesichts aktueller Erkenntnisse eine Seuche als Todesursache nahe, eventuell eine Pestepidemie.

Die Skelette werden nach näherer Untersuchung mehr preisgeben über den Zeitpunkt ihres Todes. Ob sich anhand der Skelette auch die Todesursache erörtern lässt ist ungewiss, denn der rasche Tod durch gewisse Seuchen schlug sich kaum in den Knochen nieder. Vielleicht wird man mehr wissen, wenn der Zeitraum feststeht, zu dem die Unglücklichen vom Schicksal ereilt wurden.




Querverweise:

>> St.Ulrich - ehemals Mutterkirche von St.Elisabethen
>> Die neue St.Elisabethenkirche


Literatur:

Paul Koelner, Basler Friedhöfe, 1927, Verlag der National-Zeitung, Seiten 23 bis 24, 51 bis 52 und Seite 63

Eugen A. Meier, Basel Einst und Jetzt, 3. Auflage 1995, Buchverlag Basler Zeitung, ISBN 33-85815-266-3, Seiten 122 bis 123

Eugen A. Meier, Das verschwundene Basel, 1968, Pharos Verlag, Seiten 54 bis 55

Jahresbericht 1978 der Archäologischen Bodenforschung BS in der Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Fundmeldung Seite 280

E. Blum und Th. Nüesch, Basel Einst und Jetzt, Eine kulturhistorische Heimatkunde, 1913, Verlag Hermann Krüsi, Seite 31 bis 32

Casimir Hermann Baer, Kunstdenkmäler des Kantons Basel Stadt, Band 3, 1941, Birkhäuser Verlag, Seiten 345 bis 359

Rudolf Kaufmann, Basel das alte Stadtbild, 1936, Birkhäuser Verlag, Beitrag 40 und 41

Website der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt, www.archaeobasel.ch

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