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Die Kapelle St.Johann auf Burg
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Münsterplatz 2lageplan

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Romanische Kapelle um 1100

Die genauen Anfänge des Gotteshauses am Münsterplatz liegen im Dunkeln. Gesichert ist dass im Rahmen einer Liegenschaftsfrage im Oktober 1342 die "sant Johanses capellen uffen burg" erstmals konkret genannt wird. Gewiss ist allerdings auch dass sie schon wesentlich früher existierte. Ausgrabungen 2002/03 in der Liegenschaft Münsterplatz 1/2 haben ergeben dass an der Stelle der Kapelle vermutlich schon im 3.Jh römische Steinbauten entstanden sind.

Ob diese römischen Bauten in vorromanischer Zeit durch eine frühe Kirche ersetzt wurden ist nicht ausgeschlossen. Ein Indiz dafür könnten Gräber aus der Zeit zwischen dem 9. und 11.Jh sein, die vor der Westfront des einstigen Gotteshauses gefunden wurden. Sichere Fakten brachten die Ausgrabungen 2002/03 an den Tag, bei denen unter der bekannten gotischen Kirche die Reste einer unbekannten romanischen Vorgängerin aus der Zeit um 1100 entdeckt wurden.

die fassade zum münsterplatz von st.johann auf burg

Die Kapelle St.Johann um 1615 auf dem Stadtmodell im Klingentalmuseum. Man sieht links von der Kapelle das Quotidianhaus (Münsterplatz 1). Die Kapelle und die Häuser rechts von ihr mussten 1839 dem heutigen Bau Münsterplatz 2 weichen.
Diese romanische Kirche war in ihrer ursprünglichen Gestalt 14 Meter breit, 28 Meter lang und mass in der Höhe bis zum Dachaufsatz etwas über 9 Meter. Die Nordmauer dieses Baus zieht sich noch heute als dicke Mauer entlang der ganzen Tiefe der Liegenschaft Münsterplatz 2, die vor 2002 rheinseitig an den Garten des Nachbarhauses Münsterplatz 1 stiess. Dort fanden sich rund 50 Bestattungen eines Begräbnisplatzes der auf das 9.Jh zurückging.


Begräbnisplatz ohne Begräbnisrecht?

Der Friedhof hat sich eventuell zeitweise durch die ganze Hälfte Münsterplatz 1 bis zur Front am Platz selbst erstreckt. Durch die die noch erhaltene Nordmauer der Kirche führten einst zwei Portale von 2,7 Metern Breite aus dem Gotteshaus auf den Friedhof. Die romanische Kirche war in umgebauter Gestalt jenes Gotteshaus welches 1342 erstmals urkundlich erscheint. Direkt neben der alten Kirche wurde offenbar im 14.Jh ein Nachbarhaus gebaut.

Um 1331 wurde es einem Angehörigen des Domstifts erlaubt bis an die Kirche heran zu bauen. Dieses Haus (Münsterplatz 1) wurde bis ins 19.Jh "Quotidianhaus" genannt". Spätestens mit diesem Anbau mussten die Kirchenfenster in dieser Wand vermauert werden. Auch jener Friedhofsteil der direkt vor dieser Mauer lag verschwand mit dem Hausbau, wenn er nicht schon zuvor verschwunden war. Dass der Friedhof im 15.Jh nicht mehr benutzt wurde belegt ein Steit 1466.

Bischof Johann von Venningen beklagte sich damals darüber dass Zimmermeister Hans von Thann in seinem Haus (Münsterplatz 3) hinter der Kapelle seinem Handwerk nachgehe. Dies sei ungehörig da sich das Haus über einen alten Kirchhof befände, wo man zahlreiche Leichname finden könne wenn man in der Erde graben würde. Der Begräbnisplatz war also zu jenem Zeitpunkt schon länger aufgegeben worden, aber immerhin war die Erinnerung an ihn noch präsent.

Der Bischof und später auch das Domkapitel strebten die Räumung des städtischen Werkhauses hinter der Kapelle an. Das Argument der gestörten Totenruhe war dabei unter Umständen nur Mittel zum Zweck. Das Werkhaus verschwand zwar nicht, aber immerhin übertrug es Zimmermeister Hans von Musbach 1495 an die Münsterbauverwaltung. Interessant mutet die Tatsache an, dass St.Johannes auf Burg offenbar gar nie nachweislich das Begräbnisrecht besass.


Die gotische Kapelle des 14.Jh

Das Erdbeben von 1356 hat der Johanneskirche auf Burg offenbar Schaden zugefügt, auch wenn an den romanischen Mauerresten keine Spuren davon gefunden wurden. Auf jeden Fall wurde um 1386 eine nunmehr gotische Kapelle an ihrer Stelle gebaut. Dieser Nachfolgebau war nicht mehr 14 Meter breit, was vermutlich ohnehin etwas zu grosszügig bemessen war. Ferner könnte es sein dass mit dem Bau einer schmaleren Kapelle ein anderes Problem gelöst wurde.

Seit das nach 1331 an die Kirche angebaute Nachbarhaus stand, gab es auf dieser Fläche an der Nordwand keine Fenster mehr. Wenn man nun die neue Kapelle etwas schmaler baute, dann entstand eine kleine Gasse zwischen ihr und besagtem Nachbarhaus. Fenster waren wieder möglich und es fiel mehr Licht in das kleine Gotteshaus. Ob diese Überlegung wirklich eine Rolle spielte ist indes nicht zu beweisen. Die neue Nordmauer hatte vier Spitzbogenfenster.

st.johann auf burg von süden gesehen

Das Stadtmodell im Klingentalmuseum zeigt die profanisierte Kapelle St.Johann auf Burg wie sie um 1615 aussah. Man erkennt drei Masswerkfenster an der Südfassade und eines an der Ostseite und den Dachreiter am Westgiebel.
Das Gotteshaus markierte zusammen mit St.Ulrich an der Rittergasse den bischöflichen Immunitätsbezirk und war bedeutsam als bischöfliches Baptisterium (Taufgebäude). Zur Taufe führte einst der Weg zu dieser Kapelle und auch für die Gottesdienste an Hauptfesttagen war sie wichtig. Der Vorsteher des Gotteshauses führte auch das Dekanat St.Johann, dem die Gemeinden Muttenz, Münchenstein, Pratteln, Hochwald, Oberwil, Allschwil und Hüningen eingegliedert waren.


Die Bruderschaft St.Johannis auf Burg

Diese "sieben freien Gemeinden" waren in der Dekanatseinteilung des Bistums Basel nicht aufgeführt und hatten somit einen speziellen Status. Ihr Dekan war auch das Haupt der Bruderschaft St.Johannis auf Burg die eben in unserer Kapelle am Münsterplatz ihren Sitz hatte. In ihren Reihen waren die Domkapläne und Geistlichen der sieben Dorfkirchen des Dekanats St.Johann vereinigt. Die Bruderschaft war verantwortlich für Bau und Unterhalt ihrer Kapelle.

Die Ausgrabungen 2002/03 stiessen im Inneren der Kapelle auf rund zehn Bestattungen. Die meisten davon waren Männer in fortgeschrittenem Alter, deren Gräber der gotischen Kapelle nach 1386 zugeordnet wurden. Die Vermutung liegt nahe dass es sich bei zumindest einigen der Bestatteten um verdienstvolle Mitglieder der Bruderschaft St.Johannis auf Burg handelte. Wie die Bezeichnung "auf Burg" andeutet, lag die Kapelle im bischöflichen Immunitätsbezirk.

Im Herzen des Areals "auf Burg" (hervorgegangen aus den einstigen Grenzen des römischen Kastells) erhob sich als Mutterkirche das Basler Münster. Den Gepflogenheiten des Früh- und Hochmittelalters war die Bischofskirche umgeben von weiteren Gotteshäusern. Eines davon war die Johanneskapelle, die nachweislich seit dem ausgehenden 13.Jh von den bereits genannten Domkaplänen und deren Bruderschaft genutzt und unterhalten wurde.


Profane Nutzung nach der Reformation

Belegbar sind für die Kapelle zwei Altäre die wohl neben dem Hochaltar existierten. Der eine Altar war St.Agnes geweiht. Viel ist über ihn nicht bekannt, doch muss seine Stiftung vor 1371 erfolgt sein. Der Marienaltar andererseits existierte bereits in der ersten Hälfte des 14.Jh, da vermutlich nach 1332 die Familie Ramstein für ihn eine Pfründe stiftete die den Mord an einem Marktgrafen von Röteln durch eine Edelknecht aus ihrem Geschlecht sühnen sollte.

Eine geheimnisvolle Affäre ist das Grabmal eines Tempelritters namens Konrad zu St.Johannes auf Burg, von dem Rudolf Wackernagel 1907 in Band 1 seiner Geschichte der Stadt Basel berichtet. Greifbares liegt bislang nicht vor. Greifbar hingegen ist jedoch die Existenz eines Wandgemäldes in der Kapelle, welches das Jüngste Gericht darstellte. Wohl verschwand das Bild um 1840, aber man beauftragte den Maler Johann Jakob Neustück es als Aquarell zu kopieren.

Mit der Reformation wurde die Kapelle als Gotteshaus aufgehoben und profanen Zwecken zugeführt. Im Mai 1757 richtete man ein Salzlager darin ein, was bekanntlich noch keinem alten Gemäuer gut getan hat. Sieben Jahre später hielt Emanuel Büchel die Kapelle mit dem kleinen Münsterplatz im Bild fest. Auf der Bleistiftskizze erkennt man an der Fassade zum Münsterplatz hin über dem Hauptportal ein Spitzbogenfenster mit Masswerk und darüber ein Giebellicht.

münsterplatz 1 und 2 heute

Die Liegenschaften Münsterplatz 1 (links, Quotidianhaus heute "zur Capelle") und Münsterplatz 2 (rechts). Letztere wurde 1839/41 anstelle der Kapelle erbaut, die auf diesem Bild an ihrem ehemaligen Standort eingeblendet ist.
Auf dem Dach, direkt beim Giebel zum Platz hin, erhob sich ein spätgotischer Dachreiter in Gestalt eines Glockentürmchens. Geschmückt war es mit Krabben und einer Kreuzblume auf der Spitze. Im August 1808 wurde die ehemalige Kapelle (Münsterplatz 2) von der kantonalen Verwaltung des Schul- und Kirchenguts an den Kaufmann Johann-Bischoff-Merian veräussert. 1839 waren die ehemalige Kapelle und das einstige Werkhaus dahinter in einer Hand vereinigt.


Abriss und heutiges Haus "Zur St.Johann Capelle"

Dieser Umstand ermöglichte es dem Besitzer Martin Burckhardt-His 1839/41 durch den Architekten Christoph Riggenbach anstelle des schmalen Gotteshauses ein breites grossbürgerliches Wohnhaus erbauen zu lassen. In diesem Haus gingen weite Mauerteile der alten Kapelle auf, so dass diese quasi bis heute in der Liegenschaft weiterlebt. Auch der Hausname "Zur St.Johann Capelle" erinnert daran. Bis 2001 diente das Haus als Domizil des Erziehungsdepartements.

Nachdem das Departement die Häuser Münsterplatz 1 und 2 verlassen hatte und in die Holbeinstrasse umgezogen war ging das Haus in private Hand über. Es erfolgte bis 2004 ein Umbau der in der Liegenschaft sieben Eigentumswohnungen für den gehobenen Anspruch schuf. Das Engegenkommen der Bauherrschaft ermöglichte es sogar einige entdeckte Mauerreste der romanischen Kapelle des 12.Jh im umgebauten Haus zu bewahren.




Querverweise:

>> Das Gegenstück von St.Johann auf Burg - St.Ulrich an der Rittergasse

Kurzbericht zur Sanierung der Liegenschaft:

> Website von Logis Bâle



Quellen:

primär genutzte

Casimir Hermann Baer, Kunstdenkmäler des Kantons Basel Stadt, Band 3, 1941, Birkhäuser Verlag, Seiten 419 bis 428

Gustav Adolf Wanner, Häuser Menschen Schicksale, Band 3, 1988, Buchverlag Basler Zeitung, ISBN 3-85815-173-4, Seiten 113 bis 115

Cornelia Adler/Andrea Hagedorn/Guido Lassau/Daniel Reicke/Kaspar Richner/Christian Stegmüller im Jahresbericht 2002 der Archäologischen Bodenforschung BS, 2004, Eine romanische Kirche unter der ehemaligen St.Johanneskapelle am Münsterplatz, ISBN 3-905098-37-7/ISSN 1424-4535, Seiten 79 bis 95


sekundär genutzte

Ludwig Berger-Haas, "Spätrömisches Castrum und bischöflicher Immunitätsbezirk in Basel", Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde Jahrgang 1965, Seiten 157 bis 163

Alexander Schlatter/Hans Ritzmann/Burghard Lohrum/Thomas Lutz/Bernard Jaggi, Dächer der Stadt Basel, Herausgegeben von der Basler Denkmalpflege, 2005, ISBN 3-9522166-0-7, Seite 211

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