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fragen zum alten basel
Das Spital an der Freien Strasse



Frau B. / 29. August 2005:

Hat es in der Freien Strasse früher einmal ein Spital gegeben und stand dies im Gebäude Freienhof?

Antwort von altbasel.ch:

Erstmals wird das mittelalterliche städtische Spital im Testament des Schulmeisters zu St.Peter aus dem Jahr 1265 als "Hospitale novum" genannt. Man darf sich darunter kein Krankenhaus im modernen Sinne vorstellen. Mehr zum Charakter der Einrichtung offenbart 1312 auch eine Erwähnung als "hospitale seu senodochium civitatis Basiliensis" (Spital oder Armenheim der Stadt Basel). Pflegebedürftige, Arme oder Betagte fanden in dieser Institution ein Obdach.

Archäologische Mauerfunde lassen die Vermutung zu, dass das Spital schon einige Zeit vor seiner ersten Erwähnung bestand. An der oberen Freien Strasse, in der Nachbarschaft der Klosters der Barfüsser und der Stadtmauer, lag die Einrichtung am damaligen Rand der Stadt. Institutionen der sozialen Fürsorge wurde oft an der Peripherie angesiedelt. Beispiele wie die Basler Siechenhäuser von St.Alban an der Malzgasse oder St.Jakob an der Birs belegen diese Praxis.

Üblicherweise wurden im Spital nur Basler Bürger aufgenommen. Mit zu viel Vermögen war man jedoch ausgeschlossen, denn es sollte eine Einrichtung für die Bedürftigen sein. Getragen wurde sie von wohltätigen Stiftern. Das Spital besass unter anderem dank solcher Spender Immobilien und Liegenschaften, die Zinsen abwarfen, was auch langfristig zum Unterhalt beitrug. Fast dreihundert Jahre lang wurde der Haushalt des Spitals ab 1345 im grossen "Memorial" aufgezeichnet.

Die Unterlagen legen Zeugnis über die hilfreichen Zuwendungen an das Spital ab. Nicht nur private Spender unterstützten die Institution; auch die Stadt zeigte sich immer wieder grosszügig. So gingen etwa manchmal Waren an das Spital, die auf dem Markt aus verschiedenen Gründen beschlagnahmt worden waren. Auch Bussengelder, wie sie zum Beispiel für öffentliches Fluchen erhoben wurden, und Almosengelder, gesammelt durch sogenannte "Klingler", kamen der Einrichtung zugute. Darüber hinaus war das Spital von städtischen Steuern befreit.

das spital an der freien strasse im 17. jahrhundert

Spital mit Kirche zum Heiligen Geist an der Freien Strasse um 1615. Spitalgebäude dunkel hervorgehoben. | Zeichnung nach einem Stich von Matthäus Merian

Bis ins 15. Jahrhundert wurde das Spital allein durch das Portal der Spitalkirche betreten. Das 1272 erstmals erwähnte Gotteshaus war dem Heiligen Geist und St.Michael geweiht. Der angewachsene Spitalkomplex an der Freien Strasse (zwischen Haus zum Sodeck und Streitgasse) umfasste nach der Reformation auch Teile des aufgehobenen Barfüsserklosters. Nach dem Umzug in den erweiterten Markgräflerhof wurden 1843 vierzehn alte Spitalsgebäude abgerissen.

Das Hauptgebäude und der Betsaal des Spitals lagen an der Freien Strasse. Am Spitalgässlein (heute Barfüssergasse) befanden sich Pfrund und Krankenhaus, während sich im Hof die Wohnung des Spitalmeisters, die Hauptküche, die Bäckerei, das Badehaus und die Stallungen befanden. Am Steinenberg gab es ein Haus für Geistesgestörte und das Pfarrhaus der Spitalkirche lag am Barfüsserplatz. Das freie Areal wurde später teilweise zum Bau des Kaufhauses genutzt.

Das Spital hatte eigene Begräbnisplätze und später einen Friedhof zu St.Elisabethen. Während der Pest von 1563/64 seien zeitweise täglich Pesttote aus dem Spital auf den Kirchhof getragen worden. In grosse Gruben, die tagelang offen geblieben seien, habe man die Verstorbenen schichtweise gelegt. Die Kirche St.Elisabethen geht wohl mit dem heute verschwundenen Kirchhof auf den ehemaligen Begräbnisplatz des Spitals aus dem frühen 14. Jahrhundert zurück.

Im 19. Jahrhundert war der Spitalkomplex veraltet und beengt. 1836 wurde beschlossen, den Markgräflerhof an der heutigen Hebelstrasse zu kaufen, um dort Spital, Siechenhaus und Armenherberge zu vereinigen. Umgebaut und erweitert konnte er 1842 als neues Spital bezogen werden. Vor dem St.Johanns-Tor, auf dem Areal des heutigen Parks am Rhein, wurde 1845 der neue Spitalgottesacker eröffnet. Bis zu seiner Aufhebung 1868 diente er als Begräbisplatz für das Spital.

Die Strassennamen "Spittelsprung" (heute Münsterberg) und "Spitalgässlein" (Barfüssergasse) sind verschwunden. Doch manchmal tritt das 1843/44 abgerissene Spital wieder ins öffentliche Bewusstsein. Bei Bauarbeiten für eine Fernwärmeleitung stiess man 2020 auf Mauerreste und Dolenanschlüsse des Spitals. An der Ecke zur Barfüssergasse entdeckte man ferner zwei Bestattungen. Sie gehörten wohl zu Beigesetzten des ersten mittelalterlichen Spitalfriedhofs.

das neue spital 1857

Das 1842 eröffnete neue Spital beim erweiterten Markgräflerhof an der heutigen Hebelstrasse um 1857. | Stahlstich nach Richard Höfle (Sammlung altbasel.ch)




Beitrag erstellt 08.09.05 / überarbeitet 15.03.22

Quellen:

Emil Blum / Theophil Nüesch, Basel Einst und Jetzt, Eine kulturhistorische Heimatkunde (Textband), Verlag Hermann Krüsi, Basel, 1913, Seiten 77 bis 78

W. Bolliger, Beitrag "Die Spitalkirche zum Heiligen Geist", publiziert in Basler Kirchen, Band 4, herausgegeben von Ernst Alfred Stückelberg, Verlag von Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1922, Seiten 36 bis 64

Albert Bruckner, 700 Jahre Bürgerspital Basel 1265-1965, herausgegeben vom Bürgerspital Basel, Kommissionsverlag Helbing & Lichtenhahn Basel, 1965, Seiten 11 bis 30

Eugen Anton Meier, Basel Einst und Jetzt, 3. Auflage, Buchverlag Basler Zeitung, Basel, 1995, ISBN 3-85815-266-3, Seiten 40 und 41

Felix Platter/Daniel Albert Fechter, Thomas Platter und Felix Platter - zwei Autobiographien, herausgegeben von Daniel Albert Fechter, Seul und Mast, Basel, 1840, Seite 193 (Pestgräber zu St.Elisabethen)

Peter Roth, Beitrag "Das Almosen im Klosterkreuzgang", publiziert in 1000 Jahre Basler Geschichte - Archäologie unter dem Musiksaal des Stadtcasino Basel, herausgegeben von der Archäologischen Bodenforschung es Kantons Basel-Stadt, Christoph Merian Verlag, Basel, 2020, ISBN 978-3-85616-922-0, Seiten 94 bis 99

Roman Schmidig, "2020/22 Freie Strasse (A), Etappe 1", in "Fundchronik Innerstadt", in "Ausgrabungen und Funde im Jahr 2020" publiziert in Jahresbericht 2020 der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, herausgegeben von der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, Basel, 2021, ISBN 978-3-905098-69-3, ISSN 1424-4535, Seiten 53 und 54

engel

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