der leu

zurueck

fragen zum alten basel
Geschichte der Schützenmatte



Herr R. / 12. Juli 2005:

Ich suche Informationen zur Entwicklung der Schützenmatte, insbesondere zur Geschichte des einstigen Musikpavillons, an dessen Stelle heute ein modernes Begegnungszentrum steht. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir Literaturtipps geben könnten.

Antwort von altbasel.ch (Ergänzt Juni 2011, gewünschte Literatur unten):

Schiessplatz der Büchsenschützen

Die Geschichte der Schützenmatt reicht zurück bis ins 15. Jahrhundert. Die zunehmende Beliebtheit des Büchsenschiessens (Schiessen mit Schwarzpulver und Feuerwaffe) veranlasste den Rat 1498 dazu, den Feuerschützen einen Schiessplatz zuzuweisen, der abseits vom Getümmel der Stadt lag. Die Wahl fiel auf ein Gelände vor dem Spalentor. Das Areal gehörte einst dem Basler Domstift.

Der Platz inmitten von Äckern und Obstbäumen lag direkt am sogenannten Teuchelweiher. Er diente zum einem als Lager für die als Wasserleitungen genutzten Teuchel (ausgehöhlte Baumstämme). Zum anderen wurde er für die Fischzucht genutzt. Den Weiher nannte man später Schützenmattweiher. Er verschwand als man ihn 1873 auffüllte und zu einer Grünanlage umgestaltete.

Die Besitzer benachbarter Grundstücke waren nicht erfreut von der Aussicht einen Schiessplatz nebenan zu haben. Sie fürchteten Schaden für ihr Land durch den Schiessbetrieb und Gefahr für die Leute die auf den Feldern arbeiteten. Daher wurde eine Regelung geschaffen die das Schiessen nur ausserhalb der Werktage erlaubte, und Schützenfeste während den Zeiten der Feldarbeit verbot.

Das erste Schützenhaus

Schon nach dem ersten Betriebsjahr 1498/99 zeigte sich dass die Sorgen der Nachbarn begründet gewesen waren. Dem Grundbesitzer Hans Rotenbach waren sein Heu und Emd zertrampelt und einige Bäume und Häge zerschossen worden. Daraufhin mussten die Schützen unter anderem einen Holzzaun um ihren Schiesstand ziehen, damit niemand mehr in die benachbarten Felder trampelte.

Aus der Zeit um 1499 stammte auch das erste schlichte Schützenhaus aus Holz und Fachwerk am Teuchelweiher. Auf Beschluss des Basler Rats wurde dann 1561/64 ein neues und würdiges Haus aus solidem Mauerwerk für die Schützen errichtet. Das Haus, welches der Kern des heutigen Komplexes ist, war bis um 1577 nur von Frühling bis Herbst offen, da man damals im Winter nicht schoss.

Als die Obrigkeit anordnete dass auch im Winter das Schiessen zu üben sei, war es nötig im Inneren das Hauses beheizte Räumlichkeiten zu schaffen. Die Schützenmatte war der Schauplatz des grossen Gesellenschiessens von 1605, ein gesellschaftlicher bedeutsamer Anlass. Es waren nebst Schützen aus der Eidgenossenschaft auch viele aus Deutschland, Frankreich und Österreich geladen.

Dieses Schiessen 1605 auf der Schützenmatte übertraf beim Aufwand und den Besucherzahlen alle zuvor in Basel abgehaltenen Schiessen. Die Schützenmatte wurde gemäht. Zwei Wochen zuvor putzten die Bannwarte die Linden beim Schützenhaus und stutzten den Grünhag der die Schützenmatte damals umgab. Jahrhundertelang wurde die Schützematte von Schützen und Militär genutzt.

Die Schützenmatte als Festplatz

Die Schützenmatte wurde zu einem traditionellen Festplatz. So fand hier 1827 das Eidgenössische Ehr- und Freischiessen statt, 1844 das Eidgenössische Schützenfest und die 400-jahr Feier der Schlacht von St.Jakob, erneut 1879 das Eidgenössische Schützenfest, 1886 das Eidgenössische Turnfest, 1909 das Eidgenössische Musikfest oder im Jahr 1912 das Eidgenössische Turnfest.

Am 3. und 4. September 1876 führte der Schweizerische Rennverein das erste Basler Pferderennen durch. Als Rennplatz diente dabei die Schützenmatte. Sie wurde danach für Jahrzehnte weiterhin als Austragungsort für Pferderennen genutzt, und war in dieser Funktion praktisch konkurrenzlos. Die Pferdesportanlage auf dem Schänzli bei St.Jakob wurde erst 1926 in Betrieb genommen.

Im Jahr 1841 bekam das Militärkollegium unter bestimmten Bedingungen die Schützenmatte zur eigenen Verwendung. Es fanden in der Folge auf der Schützenmatte Übungen und Inspektionen der Basler Miliz und der Standestruppe statt. Die Schützenmatte ging dann 1875/76 an die Einwohnergemeinde über. Im Jahr 1899 wurde schliesslich der Schiessstand am Allschwiler Weiher angelegt.

Vom Schiessplatz zum Stadtpark

Damit endete die Zeit der Matte als Schiesstand. Um den alten Schiessplatz herum waren bewohnte Quartier der Stadt entstanden. Schiessen war nicht länger verantwortbar. 1898/99 legte auf dem ältesten Teil der Schützenmatte der Basler Stadtgärtner Johann Niklaus Scholer (1853-1903) den Park im englischen Stil an. Das Zielgelände des alten Schiesstandes wurde 1917 zur Sportanlage.

Der Bau des Musikpavillons, eines Kiosk und einer Ziegenmilchbude waren damals unter anderem dem Architekten Emil Faesch anvertraut, der 1903/05 auch massgeblich beim Bau der mittleren Rheinbrücke und 1904/07 des Bahnhofs SBB mitwirkte. Ferner gab es ein nie realisiertes Projekt von 1914, zu dem Architekten Pläne für ein Kunstmuseum auf der Schützenmatte eingeben sollten.

Pioniere der Fliegerei auf der Schützenmatte

Ein Intermezzo bilden die frühen Flugveranstaltungen. Um die Schweizerische Nationalspende beim Aufbau der Militärfliegerei zu unterstützen, wurden am 1. und 2. März 1913 Flugtage auf der Schützenmatte organisiert. Dabei traten die Flugpioniere Attilio Maffei (1878-1931) mit seiner Blériot und Edmond Audermars (1882-1970) mit einer Morane-Saulnier auf. Es wurde eigens ein Hangar gebaut.

Am zweiten Tag kam die der Flugpionier Charles Favre (geboren 1884) mit seiner Hanriot-Maschine dazu. Das erfolgreiche "Meeting" fand am folgenden 9. März eine Fortsetzung mit dem Baselbieter Flieger Oskar Bider (1891-1919) und seiner Blériot. Er startete von der Schützenmatte aus zur ersten Schweizer Luftpost. Zwei Postsäcke wurden eine Viertelstunde später auf das Gitterli in Liestal abgeworfen.

Der erwähnte Musikpavillon in Muschelform im Schützenmattpark erfuhr 1978 eine Renovation und konnte am 25. August jenes Jahres mit einem Konzert der Blaukreuzmusik Basel eingeweiht werden. Seine letzte Stunde schlug 1999, als er durch die Hand eines Brandstifters in Flammen aufging. An seiner Stelle konnte im Sommer 2003 ein heute populäres Parkcafé eröffnet werden.



Querverweis zum Denkmal im Schützenmattpark:

>> Denkmal der Dankbarkeit



Beitrag erstellt 16.05.05 / ergänzt bei Text und Quellen 25.06.11

Quellen:

Othmar Birkner / Hanspeter Rebsamen, Inventar der neueren Schweizer Architektur 1850-1920 - Basel, von der Christoph Merian Stiftung ermöglichter Seperatdruck aus Band 2 der Gesamtreihe, herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Zürich, 1986, Seiten 54 (Stadtgärtner Johann Niklaus Scholer) und 210 bis 211 (Schützenmattpark)

Eugen Dietschi, Vom Ballon zum Jet - Geschichte der Luftfahrt in Basel, Pharos-Verlag Hansrudolf Schwabe AG, Basel, 1971, Seiten 44 bis 53

Felix Falter, "Basler Stadtgrün im 19. und 20. Jahrhundert", publiziert in Gärten in Basel, herausgegeben von der Öffentliche Basler Denkmalpflege, Basel, 1980, ISBN 3-85556, Seite 36

Paul Koelner, Die Feuerschützen-Gesellschaft zu Basel, Verlag Birkhäuser, Basel, 1946, Seiten 68 bis 90 (Schützenmatte und Schützenhaus)

Rudolf Wackernagel, Geschichte der Stadt Basel, Band 2/I, Verlag von Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1911, Seiten 271 sowie Anmerkung und Belege Seite 42*

engel

zurück zu fragen & antworten | zum schlagwortkatalog