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fragen zum alten basel
Der Rhätische Hof



Frau P. / 02. März 2007 (Antwort überarbeitet Mai 2018):

Ich suche weitere Informationen zum Rhätischen Hof an der Arnold Böcklin-Strasse 1 in Basel. Mich interessiert einerseits die Erbauerin, Frau Mary Pradella-Burckhardt, andererseits ihr Mann. Wer war das genau? Wissen Sie sonst noch etwas über das Palais als solches?

Antwort von altbasel.ch:

Der Rhätische Hof wurde 1923/24 vom deutschen Architekten Max Laeuger (1864-1952) erbaut. Den Auftrag dazu gab Mary Annie Pradella-Burckhardt (1872-1945), die Gattin des einige Jahre zuvor verstorbenen Arztes Christian Karl Pradella (1861-1919). Sie hatten sich in einem Sanatorium in Davos kennengelernt, wo er arbeitete. 1895 heirateten sie in Basel, wohin sie 1904 auch gemeinsam zogen.

Nach dem Pradella an den Folgen eines Schlaganfalls starb, wandelte sich seine kinderlose Witwe voller Tatendrang zur Musikmäzenin. Gleichzeitig lässt sich die wohlhabende Dame am Vierwaldstättersee eine Villa und an der Arnold Böcklin-Strasse in Basel ein nobles Anwesen bauen. Der aus Lörrach stammende Architekt Max Laeuger hatte bereits die Fassade von Küchlins Varieté-Theater gestaltet.

Die Front des 1911/12 entstandenen Theaters in der Steinenvorstadt lässt Laeugers Hang zu klassizistischen Säulen klar erkennen. Von ihm stammen auch Entwürfe für die Glasmalereien in der nahen Pauluskirche. Nur einige Schritte von diesem Gotteshaus entfernt sollte er nun den Rhätischen Hof bauen, dessen Name an die Heimat von Witwe Pradella-Burckhardts verstorbenem Gatten erinnert.

der rhaetische hof im jahr 2007

Der 1923/24 erbaute Rhätische Hof mit seiner charakteristischen Säulenfront, vor seiner umfassenden Sanierung 2011/13. | Aufnahme von 2007

Mit seinem durch sechs dominante Säulen betonten klassischen Einschlag hebt sich das 1923/24 entstandene Bauwerk deutlich von anderen Bauten jener Epoche im Quartier ab. Kaum war die Villa vollendet, bezog die Witwe ihre Basler Residenz, in deren Obergeschoss sie ihre Wohnräume hatte. Unter dem Dach lebten die Bediensteten und im Untergeschoss gab es eine Sauna und ein Billardzimmer.

Die wichtigsten Räume für ihre Leidenschaft lagen aber im Erdgeschoss. Der Salon und der Musiksaal sollten zu den Bühnen von manch rauschender Musiksoireé werden, die das Basel Stadtgespräch nährte. Vielfach fanden sich Musikfreunde der gehobenen Basler Gesellschaft in der Arnold Böcklin-Strasse ein, um in üppigem Rahmen einem Konzert oder einem Ball im Rhätischen Hof beizuwohnen.

Mit dem Tod von Mary Annie Pradella-Burckhardt endet 1945 diese Zeit im Rhätischen Hof. Es folgten diverse Besitzerwechsel. Mit dem Erwerb der Villa durch einen belgischen Pharma-Unternehmer wurde die Liegenschaft 2011/13 einer aufwändigen Sanierung unterzogen um als Firmensitz mit Wohnbereich zu dienen. Unter anderem kam das Anwesen dabei zu einem Swimming-Pool im Garten.


Beitrag erstellt 17.03.07 / überarbeitet 13.05.18

Quellen:

Othmar Birkner / Hanspeter Rebsamen, Inventar der neueren Schweizer Architektur 1850-1920 - Basel, von der Christoph Merian Stiftung ermöglichter Seperatdruck aus Band 2 der Gesamtreihe, herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Zürich, 1986, Seite 125 (Arnold-Böcklin-Strasse Nr.1)

Rolf Brönnimann, Villen des Historismus in Basel, Birkhäuser Verlag, Basel, 1982, ISBN 3-7643-1367-6, Seiten 108, 121 und 124

Dominik Heitz, Artikel "Das prächtige Palais einer Musik-Mäzenin", Basler Zeitung, 14. Dezember 2015

Dorothee Huber, Architekturführer Basel, herausgegeben vom Architekturmuseum in Basel, 2. Auflage 1996, ISBN 3-905065-22-3, Seite 182

Wilhelm Merian, Ernst Thomas Markees, Wilhelm Barth, Hans Baur, "Das künstlerische Leben in Basel", publiziert im Basler Jahrbuch 1925, herausgegeben von August Huber und Ernst Jenny, Verlag von Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1924, Seite 294 (Einzelwohnhaus Arnold-Böcklin-Strasse)

Das Paulusquartier in Basel, publiziert im Bericht 1974-77 der Freiwilligen Basler Denkmalpflege, Druckerei Cratander AG, Basel, 1978, Seiten 33 und 34

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