der leu

zurueck

fragen zum alten basel
Das Kaufhaus am Barfüsserplatz



Frau H. / 24. Juni 2005:

Ich hätte eine Frage bezüglich der Markthalle beim Barfüsserplatz 1843 - 1873. Ich weiss leider nur dass es um die Handelsbeziehungen zwischen den drei Ländern Schweiz, Deutschland und Frankreich ging. Dies symolisieren die drei Eingangstore. Wissen Sie was in dieser Markthalle gehandelt wurde, und welche Leute sich da aufgehalten haben?

Aus den Plänen habe ich entnommen, dass das Kaufhaus eigentlich kein Dach hat, sondern nur aus Fassaden besteht. Bin ich da richtig? Und wissen sie wie hoch diese Fassade in etwa war?


stich des barfuesserplatzes mit kaufhaus

Das 1843/46 errichtete Kaufhaus neben der als Lager genutzten Barfüsserkirche um 1860. | Stich nach Friedrich August Zimmermann (Sammlung altbasel.ch)

Antwort von altbasel.ch:

Leider kann ich keine konkreten Angaben über die Höhe der Kaufhausfassade machen. Aber ich habe Ihnen nachfolgend zusammengestellt, was ich zur Geschichte des neuen Kaufhauses am Barfüsserplatz finden konnte:

In den 1830er Jahren erwog die Kaufhauskommission, ihr bisheriges Domizil an der heutigen Gerbergasse / Rüdengasse zugunsten eines Neubaus aufzugeben. Das alte Kaufhaus des 14. Jahrhunderts war den Ansprüchen der Zeit nicht mehr gewachsen. Eine gute Gelegenheit bot sich mit dem Kauf von Areal des Spitals im früheren Barfüsserkloster. Mit dem Segen des Kleinen Rats konnte 1843 das Baugelände für ein neues Kaufhaus erworben werden.

Im selben Jahr wurden die alten Gebäude und Stadtmauerpartien am Steinenberg abgerissen, um Platz für das neue Kaufhaus zu schaffen. Mit dem Bau betraute die Kaufhauskommission den Basler Architekten Christoph Riggenbach (1810-1863). Die Barfüsserkirche sollte als Lagerhaus des Kaufhauses dienen und wurde entsprechend umgebaut. Dabei wurden mittelalterliche Wandmalereien und diverse Grabmäler in der Kirche zerstört.

Diesen Umbauten mussten auch die Gräber des Mathematikers Jakob Bernoulli (1654-1705) und des berühmten Basler Bürgermeisters Johann Rudolf Wettstein (1594-1666) weichen. Man öffnete die Gräber im Oktober 1843 und verlegte sie in den Münsterkreuzgang. Im Jahr darauf begann der Bau des Kaufhauses. Der Verwaltungsflügel wurde am Steinenberg errichtet. Zwischen ihm und der Barfüsserkirche legte man den Ladeplatz an.

Der Ladeplatz war nicht überdacht und man gelangte vom Barfüsserplatz über ein grosses Portal zu ihm. Dieses wies drei Tore auf, die symbolisch für die Schweiz, Deutschland und Frankreich standen. Hierhin kamen Waren mit denen in Basel gehandelt wurden. Als überdachtes Lager diente die Barfüsserkirche. Ihre Mauer zum Ladeplatz hin wurde ebenfalls mit drei Toren versehen, durch die Waren hinein und hinaus gelangten.

Das neue Kaufhaus wurde im Juni 1846 bezogen, wobei der Bau anstatt der geplanten 350'000 Franken deren 430'000 gekostet hatte. Ins Kaufhaus brachten die Händler jene Waren die dann von Zwischenhändlern übernommen wurden. Diese verkauften sie schliesslich an die Detailhändler weiter. Im Kaufhaus am Barfüsserplatz hatte auch die Zollbehörde ihren Sitz. Die zum Handel nach Basel gelangende mussten hier verzollt werden.

Im Kaufhaus hielten sich somit Lieferanten und Abnehmer von Waren und auch Zollbeamte auf. 1848 ging das Zollwesen an den jungen Bundesstaat über. Damit verschwand das Zollamt aus dem Kaufhaus und wurde durch vier Zollämter an der Landesgrenze ersetzt. Waren wurden vermehrt dort verzollt und gingen dann oft direkt an Abnehmer. Der Ausbau der Eisenbahn schuf neue Wege und Plätze über die Waren transportiert und umgeschlagen wurden.

Im Jahr 1865 hatte das Kaufhaus seine ursprüngliche Bedeutung verloren. Es wurde liquidiert und seine Lokalitäten an Händler vermietet. Um 1870 nutzten diese in 35 einzelnen Mietverträgen Räume des Kaufhauses als Büros, Magazine und dergleichen. Dreissig Jahre nach seinem Bau wurde das Kaufhaus 1874 abgerissen. Mit dem Abbruch wurde Platz für den 1875/76 erbauten Musiksaal zu schaffen, der 2016/20 ausgebaut wurde.

Nur noch die Kaufhausgasse erinnert heute im öffentlichen Raum an das neue Kaufhaus. Der Ausbau des Musiksaales war mit archäologischen Ausgrabungen verbunden, bei denen Reste des Barfüsserklosters an den Tag kamen. Man stiess dabei 2016/17 ebenfalls auf Überbleibsel des Kaufhauses. Zum Beispiel den länglichen Kaufhauskeller mit zwei teilweise erhaltenen Tonnengewölben und weiss verputzten Wänden.




Erstellt 05.07.05 / überabeitet 10.07.22

Quellen:

Othmar Birkner /Hanspeter Rebsamen, Inventar der neueren Schweizer Architektur 1850-1920: Basel, herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern, 1986, Seite 131

Emil Blum / Theophil Nüesch, Basel Einst und Jetzt, Eine kulturhistorische Heimatkunde (Textband), Verlag Hermann Krüsi, Basel, 1913, Seiten 84 und 85

Eugen Anton Meier, Basel Einst und Jetzt, 3. Auflage, Buchverlag Basler Zeitung, Basel, 1995, ISBN 3-85815-266-3, Seite 58

Anne Nagel, Beitrag "Barfüsserplatz - Geschichte und bauliche Entwicklung", publiziert in Kunstdenkmäler des Kantons Basel Stadt, Band 7, (Altstadt Grossbasel I), 2006, herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern, 2006, ISBN 3-906131-84-X, Seite 496

Peter Roth, Beitrag "Das neue Kaufhaus und der Abbruch des Klosters", publiziert in 1000 Jahre Basler Geschichte - Archäologie unter dem Musiksaal des Stadtcasino Basel, herausgegeben von der Archäologischen Bodenforschung es Kantons Basel-Stadt, Christoph Merian Verlag, Basel, 2020, ISBN 978-3-85616-922-0, Seiten 68 bis 74

André Salvisberg, Die Basler Strassennamen, Christoph Merian Verlag, Basel, 1999, ISBN 3-85616-104-X, Seite 245 (Kaufhausgasse)

engel

zurück zu fragen & antworten | zum schlagwortkatalog