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Ursprung des Gotterbarmwegs


Familie D. / 23.09.2007:

Lieber Briefkastenonkel

Kannst du uns sagen, warum diese Strasse früher Gotterbarmweg geheissen hat und warum sie dann umbenannt wurden?



Antwort von altbasel.ch:

Die Sache ist kompliziert. Der halbe Gotterbarmweg wurde 1941, zum vierhundertsten Todesjahr des Basler Stadtarztes Theophrastus Bombastus von Hohenheim - kurz Paracelsus - in Paracelsusstrasse umbenannt, während seine andere Hälfte den Namen "Im Surinam" bekam. Dieser Gotterbarmweg wurde seinerseits vor 1924 wegen dem 1910/13 erbauten Badischen Bahnhof in unmittelbarer Nachbarschaft "Hintere Bahnhofstrasse" genannt.

Diese Strasse erscheint also erst mit dem Bau des Bahnhofs, aber der Gotterbarmweg taucht schon vorher an anderer Stelle auf. Er wurde 1924 quasi verlegt. Der alte Gotterbarmweg verband einst die Gegend des heutigen Schorenweg mit jener der Grenzacherstrasse auf der Höhe der Solitude. Zu Beginn des 19.Jh kennt man den Flurnamen "auf dem Gotterbarm", wobei sein Ursprung in einer alten Richtstätte nahe der Riehenstrasse liegen dürfte.

Kleinbasel verfügte im Mittelalter, auch nach der Vereinigung mit Grossbasel, über ein eigenes Gerichtswesen. Im 14.Jh besass die mindere Stadt "Stock und Galgen", also das Recht über schwere Verbrechen zu richten. Richtstätten wie etwa einen Galgen fand man am Rande des Bannes, also weit draussen wo sich keine braven Bürger daran störten. Im Hirzbrunnen, etwa da wo heute das Claraspital liegt, befand sich der Kleinbasler Galgen.

Der letzte Weg der armen Sünder zum Galgen habe eben über den Gotterbarmweg geführt, was auch dem Wunsch dass sich Gott der Seele des Verurteilten erbarmen möge entsprach. Für Hinrichtungen in Kleinbasel war gleichsam der Henker Grossbasels zuständig. Der Galgen wurden gemäss Beschluss des Helvetischen Direktoriums 1798 abgerissen, aber lange blieb heute weitgehend vergessene Flurname "Galgenfeld" im Hirzbrunnen präsent.




Querverweis zum Thema:

>> Anfänge des Hirzbrunnenquartiers

>> Der Galgen auf dem Gellert




Literatur:

André Salvisberg, Die Basler Strassennamen, 1999, Christoph Merian Verlag, ISBN 3-85616-104-X, Seiten 226 und 315

Othmar Birkner/Hanspeter Rebsamen, Inventar der neueren Schweizer Architektur 1850-1920: Basel, 1986, Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Seite 166

Monatszeitschrift "B wie Basel", Nummer 9 September 1990 (Leitthema Hirzbrunnen), Artikel "Galgenfeld", 1990, Verlag B wie Basel, Seiten 28 bis 29

Hans Peter Muster, Das Hirzbrunnenquartier, publiziert im Basler Stadtbuch 1987, 1988, Christoph Merian Verlag, ISBN 3-856-16-033-7, Seite 53

Valentin Lötscher, Der Henker von Basel, publiziert im Basler Stadtbuch 1969, 1968, Verlag Helbing & Lichtenhahn, Seite 89

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