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Anfänge des Basler Rundfunks und das Studio Basel
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Geburtswehen des Rundfunks in Basel zeigten sich im Jahr 1913 am Nadelberg. Dort wurde vom Uhrenhäuschen, welches seit 1886 gleichermassen als Standort der Basler Mutteruhr und als Domizil des städtischen Uhrmachers diente, die erste Radioantenne der Stadt zum Turm der nahen Peterskirche gespannt. Die damit verbundenen Radioversuche fanden statt in der Physikalischen Anstalt der Universität Basel, die sich damals noch im Bernoullianum befand. Im selben Jahr hielt Professor Hans Zickendraht (1881-1956) erste Referate über Radiotelegraphie.

Erste Sendungen

Das zivile Radiowesen wurde von 1914/18 durch den Ersten Weltkrieg in seiner Entwicklung stark gehemmt. Alle Prioritäten galten der Landensverteidigung. Immerhin erteilten die Militärbehörden 1915 die Erlaubnis zu weiteren Sendeversuchen vom Bernoullianum aus. Im Jahr 1917 fertigte die Basler Glühlampenfabrik an der Gundeldingerstrasse Elektroröhren nach Vorgaben von Professor Zickendraht. Vier Jahre später strahlte ein Sender beim neuen Zeughaus St.Jakob Signale aus die im 80 Kilometer entfernten Neuenburg/NE empfangen werden konnten.

das uhrenhaeuschen am nadelberg

Das Uhrenhäuschen am Nadelberg 11a. Dort wurde die Stube des Stadtuhrmachers 1913 zu ersten Radioversuchen genutzt, während vom Dach des Häuschens zum Turm der Peterskirche die erste Basler Radioantenne gespannt wurde.

Eigentliche Rundfunksendungen gingen dann im April 1923 in den Äther. Im Bernoullianum wurde ein 20 Watt-Sender betrieben, der über eine vierzig Meter hohe Sendeantenne auf dem Gebäude zur Mustermesse Sendungen ausstrahlte, die mit den dort aufgestellten Empfängern gehört werden konnten. Dies hatte hauptsächlich den Zweck dem Publikum die Radiotechnik näher zu bringen. Von Sendungen mit Inhalt im heutigen Sinne konnte keine Rede sein. Der unermüdliche Professor Zickendraht war indes 1924 einer der Hauptinitiatoren der Gründung der Basler Radio-Genossenschaft.

Der Weg zum ersten Basler Sender

Die konstituierende Generalversammlung der Genossenschaft fand am 3. Februar 1926 im Restaurant Zum Braunen Mutz statt. Ihr Ziel war die Einrichtung eines öffentlichen Rundspruchdienstes auf lokaler Basis in Basel. Zum ersten Präsidenten der Genossenschaft wurde Wilhelm Meile (1886-1973), seit 1917 Direktor der Basler Mustermesse, gewählt. Als Vizepräsident fungierte Professor Hans Zickendraht. Inhaltlich sollte der Rundspruchdienst seinen Zuhörern neben Nachrichten aus allen Bereichen auch Beiträge musikalischer so wie literarischer Natur bieten.

Dem Konzessionsbegehren an das zuständige eidgenössische Amt stimmte der Bundesrat unter der Bedingung zu, dass der Rundspruch lokal eingerichtet werde und folglich nur auf Gebühren innerhalb des Basler Telefonnetzes Anspruch erheben könne. Die Grundlage für den Radiosender war nun da. Dessen Studio befand sich im ersten Stock des Bahnhof SBB. Zu Einrichtung des Studios kam Anfangs April 1926 Albert Müller von der Marconi-Gesellschaft in Bern nach Basel. Bis Juni herrschte Funkstille, aber jeden Abend sprach Müller "Hallo, hier Basel, auf Welle 1000" ins Mikrophon.

das bernoullianum

Das Bernoullianum an der Bernoullistrasse 30/32. Es beherbergte einst die Physikalische Anstalt der Universität. Ein 20 Watt-Sender strahlte von hier im Jahr 1923 temporär Radiosendungen zur Mustermesse Basel aus.

Das Studio im Bahnhof SBB

Der erste Ansager und zugleich der Leiter des Programms war Dr. Max Schlageter (1886-1952). Das Studio nutzte den Sender der Genossenschaft Aviatik beider Basel für den Flugplatz Sternenfeld im Zeughaus St.Jakob. Der war aber nur verfügbar war wenn er Abends nach Sonnenuntergang nicht für die Fliegerei gebraucht wurde. Daher wurde im Sommer von 20.15 bis 22.00 Uhr und im Winter von 19.30 bis 22.05 Uhr gesendet. Sendebeginn war am 19. Juni 1926 mit einer Sondersendung aus der Mustermesse. Sie sollte mit einer Ansprache von Professor Zickendraht eröffnet werden.

Der Start verzögerte sich um über eine halbe Stunde. Ein Flugzeug hatte Verspätung auf dem Flugplatz Sternenfeld, weshalb die Sendeeinrichtungen zum Funkkontakt mit dieser Maschine benötigt wurden. Dannach kam Zickendraht zu Wort. Nach seiner Ansprache trug das Becker-Quartett Stücke von Haydn, Mozart und Karl Maria von Weber vor. Nachrichten der Depeschenagentur beschlossen die abendliche Sendung. Anfangs konnte der Sender wegen der bescheidenen finanziellen Mittel für die live Auftritte von Musikern und Referenten keine Honorare bezahlen.

Von der Parkvilla aufs Bruderholz

Die Finanznöte zwangen Ende 1926 zum Einreichen eines Gesuchs um staatliche Subventionen, dem stattgegeben wurde. Als erste Finanzspritze bekam die Basler Radio-Genossenschaft 17'000 Franken zum Studiounterhalt. Bis Ende 1930 folgten jährlich weitere 15'000 Franken. 1931 schloss sich die Genossenschaft der Schweizer Rundspruch-Gesellschaft SRG an. 1932 musste das zu klein gewordene Studio im Bahnhof verlassen werden. Ein neues Lokal wurde in der Villa im Margarethenpark gefunden. Das sich entwickelnde Radiowesen liess das neue Domizil im Park bald zu klein werden.

Ein notwendiger Ausbau der Einrichtungen wurde aber von der Basler Regierung abgelehnt. Daher die einzige Lösung war ein Umzug. Die Basler Radio-Genossenschaft beschloss folglich auf der Generalversammlung 1935 die Planung des Baus eines Sendestudios auf dem Bruderholz, hoch über Basel gelegen. Das ambitionierte Projekt war unter anderem möglich geworden, weil immer mehr Konzessionen an Radiohörer vergeben werden konnten. So förderte die Popularität des Mediums dessen Ausbau. Am 2. Dezember 1937 konnte auf dem Bruderholz der erste Spatenstich getan werden.

radiobau von 1940 an der novarastrasse

Das 1937/38 erbaute Studiogebäude von Richard Calini an der Novarastrasse 2 auf dem Bruderholz. Es konnte erst im September 1940 eingeweiht werden.

Das Studio Basel

Nahe dem 1925 erbauten Restaurant Bruderholz und der damals noch "Batterie" genannten Station der Tramlinie 15 sollte das neue Studio entstehen. Doch der Zeitplan wurde gestört Der Gebäudekomplex des Architekten Richard Calini (1882-1943) war im Herbst 1938 vollendet. Man verfügte damit über sieben Studioräume. Es folgte der komplexe Innenausbau, denn es galt unter anderem zwölf Kilometer Kabel zu verlegen, doch die Einweihung konnte nicht wie vorgesehen im Juni 1940 erfolgen. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 wurde die Armee mobilisiert.

Die meisten Arbeiter wurden damit zum Aktivdienst aufgeboten. Verspätet konnte am 7. September 1940 das Studio Basel an der Novarastrasse 2 feierlich seiner Bestimmung übergeben werden, gepriesen als das modernste Radiogebäude Europas. Der wachsende Betrieb erhielt im Jahr 1950 einen von Fritz Rickenbacher (1908-1978) entworfenen zusätzlichen Gebäudeflügel an der Mariganostrasse während 1956 auf dem Areal zur Schäublinstrasse hin ein weiteres Orchesterstudio eingeweiht werden konnte. Am 3. Juni selben Jahres starb Professor Hans Zickendraht.

Als Extraordinarius für angewandte Physik wirkte er von 1915 bis 1935 an der Universität Basel, um danach bis 1951 auch als Ordinarius für Physik zu unterrichten. Edgar Bonjour (1898-1991) strich in seinem Geschichtswerk zur Universität 1960 Zickendrahts kultivierte Art zu referieren heraus, sowie seine Begabung komplexe Themen zu vermitteln. Bonjour nannte Hans Zickendraht zu recht einen der bedeutendsten Pioniere das Radios. An der Novarastrasse konnte 1971 ein neu erbauter Pavillon bezogen werden. Weitere Umbauten sollten im selben Jahrzehnt folgen.

erweiterungsbau von 1950 an der mariganostrasse

Der im Jahr 1950 eingeweihte Erweiterungsbau des Architekten Fritz Rickenbacher an der Marignanostrasse 50 neben dem ersten Bau von 1938.

Im Jahr 1978 wurde auf dem letzten freien Areal der Radio Genossenschaft ein neuer Bau mit Hörspielstudio und Personalkantine eröffnet. Die Tramhaltestelle "Batterie" der Linie 15 heisst längst schon "Studio Basel" und auf im Februar 2001 ändert die Basler Radio-Genossenschaft auf ihrer Generalversammlung den Namen in SRG idée suisse Region Basel. 2009 teilte die SRG mit, dass das Studio auf dem Bruderholz aufgegeben werde, unter anderem da die Einrichtungen veraltet seien. Das Vorhaben zerschlug sich 2013, womit das Studio vorerst blieb.

Das vom Architekturbüro Herzog & de Meuron geplante Meret-Oppenheim-Hochhaus am Bahnhof Südportal im Gundeldingerquartier soll 2016/18 realisiert werden. Die SRG sieht vor, bis 2019 die unteren Geschosse des Gebäudes zu beziehen. Dort sollen für die kommenden 20 Jahren Radio und Fernsehen der SRG Region Basel ein neues Domizil erhalten. Die alten Studiobauten an der Novarastrasse auf dem Bruderholz sollen abgerissen werden, damit aus dem Grundstück ein anhaltender Ertrag erzielt werden könne.

Als Eigentümerin des Grundstücks, hat die SRG Region Basel in Abstimmung mit der Stadt Basel einen Architekturwettbewerb für ausgeschrieben. Fünf Architekturbüros waren eingeladen, einen Entwurf für eine Wohnsiedlung am Standort der alten Studioliegenschaft zu erstellen. Als Sieger ging ein Entwurf für 48 Wohnungen von Morger Partner AG hervor. Ab August 2017 soll dazu ein kantonaler Bebauungsplan entstehen. 2018 sollen Umzonungen und öffentlich aufgelegter Bebauungsplan folgen, und ab 2020 erste Bauarbeiten.

Beitrag erstellt 04.05.08 / ergänzt 24.03.17

Quellen:

Edgar Bonjour, Die Universität Basel von den Anfängen bis zur Gegenwart 1460-1960, Verlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1960, Seite 743

Eugen Dietschi Das Bruderholz, herausgegeben vom Neutralen Quartierverein Bruderholz, Basel, 1975, Seiten 24 bis 25

Fritz Grieder, Basler Chronik vom 1. September 1955 bis zum 31. August 1956, publiziert im Basler Jahrbuch 1957, herausgegeben von Gustav Steiner und Andreas Staehelin, Verlag von Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1956, Seite 254

Julia Grohl, Artikel "Mit dem neuen Standort kommt das Fernsehen zurück nach Basel", online publiziert am 13.01.2016 auf der Website der Basellandschaftlichen Zeitung unter http://www.basellandschaftlichezeitung.ch/basel/basel-stadt/mit-dem-neuen-standort-kommt-das-fernsehen-zurueck-nach-basel-129986063

Ruedi Mangold, Basler Reminiszenzen 1890 bis 1930, publiziert im Internet auf der Website O'Neill's Electronic Museum unter der URL http://www.oneillselectronicmuseum.com/germanfiles/bashistsec_1.html

Lukas Müller, Artikel "Neu-Überbauung auf dem Areal der SRG Region Basel - Radio Studio Basel", publiziert in der Gundeldinger Zeitung, Nr.17-04/18, 22. März 2017, Seite 5

Chronik des Studio Basel, publiziert im Internet auf der Website von SRG idée suisse Region Basel im Bereich "über uns" unter der URL http://www.srgregionbasel.ch/ueber_uns/geschichte/teil_4.php

Die Geschichte des Radios in der Schweiz von 1911 - 2004, Illustriertes Textdokument, publiziert von Radio DRS im Internet unter modules.drs.ch/data/attachments/7_Radiogeschichte.pdf

engel

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